05.06.2008
Das augenauf-Bulletin vom September 2008 blickt kritisch zurück auf die Fussball Europameisterschaften 2008. Es geht insbesondere der Frage nach, welche Spuren der internationale Grossanlass im Sicherheitsbereich hinterlassen hat. Der Verein grundrechte.ch seinerseits hatte im Hinblickauf die Euro 08 ein Projekt zur Beobachtung und Dokumentation lanciert, um die Sicherheitsmassnahmen und ihre Auswirkungen unter die Lupe zu nehmen. In Zusammenarbeit mit weiteren Gruppen und Organisationen hat grundrechte.ch die Situation in den Host Cities beobachtet und die Erlebnisberichte von Betroffenen gesammelt. Die Resultate dieser Recherche- und Beobachtungstätigkeit sind nun in einer Broschüre veröffentlicht worden, die leider nicht in elektronischer Form vorliegt. Sie kann aber bei Grundrechte.ch bestellt werden.
- Das «Fussballfest» Euro 08 ist vorbei, die Sicherheitsmassnahmen bleiben
Artikel augenauf, September 2008 (pdf, 2 S.) - Dossier Euro 08 mit den Angaben für die Bestellung der Auswertung
Informationen von Grundrechte.ch
Vom 7. bis 29. Juni 2008 hat in der Schweiz und in Österreich die Fussball Europameisterschaften 2008 (Euro 08) stattgefunden. In den vier Schweizer Host Cities Basel, Bern, Zürich und Genf werden Sperrzonen errichtet, Drohnen und Fliegerabwehr überwachen den Luftraum und für gewaltbereite Personen richten die Host Cities kurzerhand Schnellgerichte und unterirdische Gefängnisbunker ein. Für den Grossanlass mit internationaler Ausstrahlung stellt die Schweiz die Grundrechte ins Abseits. Die Demokratischen Jurist/innen Schweiz (DJS), Grundrechte.ch und Amnesty International ergreifen oder fordern Massnahmen.
Fussballfans – wie auch Menschen mit dunkler Hautfarbe oder Demonstranten/-innen – seien wiederholt Opfer von unangemessenen Polizeiinterventionen geworden, schreibt Amnesty International (AI) in einer Medienmitteilung vom 5. Juni 2008. Deshalb empfiehlt AI den kantonalen Justiz- und PolizeidirektorInnen, in den Euro-Gaststädten unabhängige Beobachter/innen für die Überwachung der Polizeieinsätze einzusetzen. Die Menschenrechtsorganisation befürchtet, dass Fussballfans, insbesondere Minderjährige, erneut Opfer von willkürlichen Verhaftungen werden könnten. Zudem hat AI der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren/-innen die Petition «Menschenrechte gelten auch im Polizeieinsatz» übergeben. Gefordert werden die Einführung von Ethik-Kodizes und unabhängige Beschwerdeinstanzen in den Kantonen.
Wer sich den Spass an den Spielen trotz dem Sicherheitsaufgebot nicht verderben lassen will, tut gut daran seine Rechte zu kennen, dies fanden die Demokratischen Juristen/-innen (DJS) und haben einen Rechtshilfe-Ratgeber für Fans erarbeitet. Er ist auch Online zugänglich. Der Ratgeber ist in Deutsch, Französisch, Englisch und Türkisch erhältlich und versteht sich gemäss DJS vor allem auch als Beitrag zur Deeskalation: Er enthalte eine ganze Reihe von Tipps, wie Fussballfans sich verhalten sollen, damit es gar nicht erst zu polizeilichem Eingreifen komme. Darüber hinaus bieten die Juristen/-innen während der EURO auch telefonische Rechtsberatung an.
Die Website Grundrechte.ch ihrerseits hat ankündigt, während der Euro 08 für ein Grundrechte-Monitoring zu sorgen. Personen, die Opfer von Grundrechtsverletzungen werden oder solche beobachten, können sich bei Grundrechte.ch melden und darüber berichten. Ein Bericht oder Fotos können direkt an Grundrechte.ch gemailt werden. Die Organisation wird nach Austragung des Grossanlasses die Eingaben auswerten.
- AI fordert Beobachter/innen für Euro-Gaststädte (online nicht mehr verfügbar)
Medienmitteilung von AI vom 5. Juni 2008 - Euro 08: Rechtshilfe für Fussballfans
Flyer der Demokratischen Jurist/innen Schweiz - Grundrechte müssen auch während der EURO gelten
Medienmitteilung der DJS vom 25. Mai 2008 (pdf, 2 S.) - Euro 08: Grundrechtsverletzungen werden beobachtet und dokumentiert
Mitteilung auf der Website von Grundrechte.ch - euro@grundrechte.ch
Kontaktmail bei beobachteten Grundrechtsverletzungen - Militärische Drohnen überwachen Euro 08
Mitteilung auf der Website von Grundrechte.ch - Schweiz: Auf Hooligans wartet der Atombunker
Swissinfo, 15. Mai 2008
Weiterführende Informationen
- Kritik an Polizeiarbeit bei den WEF-Demos in Bern und Basel
Artikel auf Humanrights.ch vom 29. Januar 2008 - Unverhältnismässiger Polizeieinsatz in Luzern
Artikel auf Humanrights.ch vom 20. Dezember 2007 - Menschenrechtsdefizite in der schweizerischen Polizeiarbeit
Artikel auf Humanrights.ch vom Juni 2007 - Hooligangesetz: Grundrechte im Abseits
Artikel auf Humanrights.ch vom 18. Januar 2007
Euro 08: Kein Monitoring der Grundrechtssituation durch die Stadt Bern
(Ergänzender Artikel vom 30.04.2008)
Das Grüne Bündnis und die Junge Alternative (GB/JA) der Stadt Bern sorgen sich insbesondere angesichts des geplantes Einsatzes von Armee und deutschen Polizisten während der Euro 08, um die Einhaltung der Grundrechte. Deshalb hat die Fraktion Ende Juni 2007 im Berner Stadtrat ein Postulat eingereicht. Darin fordern GB/JA ein Monitoring der Grundrechtssituation während der EURO 08. Die Monitoring-Gruppe, welche vom Gemeinderat eingesetzt würde, soll gemäss der Forderung des Postulates nach Abschluss der Euro einen Bericht zuhanden des Berner Stadtrats verfassen.
Das Berner Stadtparlament hat den Vorstoss Ende Februar 2008 behandelt und die Kernforderung, die Einsetzung einer Monitoring-Gruppe, leider abgewiesen.
- Medienmitteilung des Grünen Bündnis/Junge Alternative vom 20. Juni 2007 (online nicht mehr abrufbar)
- Postulat EURO 08 Grundrechtsmonitoring in Bern von GB/JA eingereicht am 21. Juni 2007 (online nicht mehr abrufbar)