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Grundrechtsprobleme im Umgang mit gewalttätigen Hooligans

17.01.2014

Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 7. Januar 2014 das verschärfte Hooligan-Konkordat weitgehend gestützt. In zwei Punkten schränkt das Konkordat jedoch die Grundrechte von Fussballfans zu stark ein und muss nachgebessert werden.

Korrektur an Rayonverbot und Meldeauflage

Die meisten Bestimmungen des geänderten Konkordats gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen sind gemäss dem Bundesgericht mit den Grundrechten vereinbar. In Bezug auf zwei Bestimmungen des Konkordats heisst das Gericht jedoch zwei Beschwerden teilweise gut. Korrigiert wird die Minimaldauer von Rayonverboten, welche nun weniger als ein Jahr betragen kann. Zudem hebt das Bundesgericht eine Bestimmung auf, die vorsah, dass bei unentschuldbarer Verletzung einer Meldeauflage die Dauer dieser Massnahme zwingend verdoppelt wird. Beide Massnahmen verstossen nach Ansicht der Bundesrichter/innen gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. 

Das Bundesgericht äusserte sich zu den Verschärfungen des revidierten Hooligankonkordats, weil Privatpersonen aus den Kantonen Luzern und Aargau Beschwerden eingereicht hatten.

Region Basel nicht dabei

Der Beitritt zum revidierten Hooligan-Konkordat ist in den Kantonen Freiburg, Waadt, Neuenburg, Jura, Wallis, Tessin, Solothurn, Zürich, St. Gallen, Aargau, Zug, Uri, Luzern, Obwalden, Nidwalden, Bern und in den beiden Appenzell beschlossene Sache. Bisher haben Basel Stadt und Basel Land die Verschärfungen abgelehnt. 

Die KKJPD hatte im Februar 2012 nach nur zwei Jahren Erfahrung mit dem ursprünglichen Hooligan-Konkordat entschieden, dass dieses verschärft werden soll. Kernpunkte der Konkordatsänderung sind die Einführung einer Bewilligungspflicht für Fussball- und Eishockeyspiele der obersten Spielklassen, die Regelung der Identitätskontrollen und Personendurchsuchungen durch die Polizei und private Sicherheitsdienste sowie Verschärfungen bei den Rayonverboten und Meldeauflagen. 

Gegen den Generalverdacht

Die Massnahmen, welche das neue Konkordat vorsieht, schränken die Grundrechte von Matchbesuchern/-innen sehr stark ein und zwar in mehreren Bereichen. Am extremsten ist wohl der Eingriff in die Privat-, bzw. Intimsphäre (Art. 13 BV, bzw. Art. 8 EMRK), wenn Fans auf Verdacht hin nun, wie es das revidierte Konkordat vorsieht, durch die Polizei auch unter den Kleidern und im Intimbereich untersucht werden dürfen. 

Auch andere Massnahmen wie das bis zu dreijährige Rayonverbot, eine monatliche Meldepflicht nach einmaligem Vergehen oder der Umstand, dass Matchbesucher nur auf bestimmte Weise zu einem Auswärtsspiel anreisen dürfen, beschneiden die Freiheitsrechte (wie etwa die in Art. 10 Abs. 2 BV erwähnte Bewegungsfreiheit) teilweise massiv. Zudem ist die Ausweitung des Gewaltbegriffs auf Tätlichkeiten, Landfriedensbruch oder Hinderung einer Amtshandlung einschneidend. Die Absicht dahinter ist offensichtlich: Unter Artikel 2 des Konkordates wird versucht, möglichst alle Delikte als Gewalttätigkeiten zu definieren, die im Umfeld von Sportveranstaltungen vorkommen können.

Ohne rechtsstaatliche Prinzipien

Beim Hooligan-Konkordat handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Massnahme, womit sowohl die strafrechtliche Unschuldsvermutung, wie auch die Beweispflicht ausgehebelt werden. Eine Aussage reicht, damit ein Fan mit einer Massnahme gemäss Hooligan-Konkordat belegt werden kann. Die in der Verfassung garantierten Grundrechte können so ohne Beweis und ohne Richter dauerhaft eingeschränkt werden.

Rechtsexperten wie der ehemalige Basler Staatsanwalt und Polizeikommandant Markus Mohler oder der Basler Staatsrechtler Markus Schefer kritisierten die im neuen Konkordat vorgesehenen Massnahmen als unverhältnismässig (Art. 5 BV).

Hooligan-Datenbank besonders problematisch

Schefers Kritik richtet sich im Übrigen auch gegen die Hooligan Datenbank HOOGAN, die er als verfassungswidrig erachtet. HOOGAN erfasst Daten von Personen, welche während Veranstaltungen im In- und Ausland durch ihr Verhalten aufgefallen sind. Erlaubt sei eine solche Datenbank nur, wenn es um Ereignisse gehe, welche die Sicherheit des Bundes insgesamt gefährdeten oder untrennbar aussenpolitische Interessen berührten, erläutert Schefer. Die mit dem Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) eingeführte Hooligan-Datenbank sprenge aber diesen Rahmen.

Bundesgericht: Konkordat ist mit EMRK vereinbar

Das Bundesgericht hatte sich bereits im Oktober 2010 zum Hooligan-Konkordat geäussert. Es hatte die damals vereinbarten Massnahmen zur Bekämpfung von Gewalt bei Sportveranstaltungen ebenfalls abgesegnet. Das Hooligan-Konkordat war am 1. Januar 2010 in Kraft getreten, nachdem bis Ende 2009 zwei Dutzend Kantone dem Konkordat beigetreten waren. Es sah unter anderem vor, dass unbelehrbare Gewalttäter vorsorglich in Polizeigewahrsam genommen werden können. Nach Ansicht der Lausanner Richter waren diese wie auch die weiteren Massnahmen (Rayonverbote, Meldepflichten, Ausreisebeschränkungen und Hooligan-Datenbank) mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar.

Zu den im Konkordat vorgesehenen Massnahmen äusserte sich das Bundesgericht, weil damals Privatpersonen und Organisationen, unter ihnen die Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich gegen den Konkordats-Beitritt des Kantons Zürichs Beschwerde eingereicht hatten. Die Beschwerdeführer machten unter anderem eine Verletzung von Grundrechten (Art. 10, 22 und 31 BV), der Garantien fairer gerichtlicher und administrativer Verfahren (Art. 29, 29a, 30 und 32 BV), des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und der Legalität (Art. 5 BV) sowie Verletzungen entsprechender Garantien gemäss EMRK und UNO-Pakt II (Art. 6 Ziff. 2 EMRK; Art. 5 Ziff. 1 EMRK) geltend.

Zustimmung der Kantone erforderlich

Dem ursprünglichen Hooligan-Konkordat vom November 2007 gehören seit September 2010 alle 26 Kantone der Schweiz an. Es war von der KKJPD eingerichtet worden, um diejenigen Massnahmen, welche das Eidg. Parlament während der EURO 2008 und der Hockey-WM 2009 befristet eingeführt hatte, weiter führen zu können. Anfangs Februar 2012 verschärfte die KKJPD das Konkordat und die Kantone müssen diesem neu beitreten.

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