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Staatliche Pflichten zur Unterstützung von Opfern von Menschenrechtsverletzungen in rechtlichen Verfahren

05.09.2024

Die Schweiz hat aufgrund diverser internationaler Menschenrechtsabkommen die Pflicht, potenziellen Opfern von Menschenrechtsverletzungen den Zugang zum Gericht zu erleichtern und sie im Hinblick auf rechtliche Verfahren zu unterstützen. Allerdings bestehen in der Schweiz diverse Verbesserungsmöglichkeiten in diesem Bereich. Die Unterstützungspflichten können gerade auch für die strategische Prozessführung von Bedeutung sein.

Verpflichtungen der Schweiz zur rechtlichen Unterstützung von potenziellen Opfern von Menschenrechtsverletzungen ergeben sich aus verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen. Diese regeln teils einen spezifischen Bereich des Menschenrechtsschutzes, teils sind sie aber auch allgemein auf den Zugang zum Recht von Rechtssuchenden ausgerichtet.

So regelt Artikel 21 der Istanbul Konvention die staatliche Unterstützungspflicht spezifisch im Bereich der Gewalt gegen Frauen und der häuslichen Gewalt. Gemäss dieser Bestimmung haben Vertragsstaaten sicherzustellen, dass Opfer von Gewalt gegen Frauen Informationen über Klage- und Beschwerdemechanismen erhalten und Zugang zu diesen haben. Zudem müssen die Vertragsstaaten die Bereitstellung einfühlsamer und sachkundiger Unterstützung für die Opfer bei der Einreichung solcher Klagen fördern. In der Schweiz wird diese Verpflichtung in erster Linie durch die Tätigkeit der Opferberatungsstellen umgesetzt (vgl. Erster Staatenbericht der Schweiz zur Istanbul Konvention, S. 49). Allerdings hat das zuständige Gremium des Europarats die Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz überprüft und im Bereich der Opferhilfe diverse Verbesserungsmöglichkeiten erkannt (vgl. Evaluationsbericht zur Istanbul Konvention, S. 37–38).

Eine weitere spezifische Pflicht der Schweiz zur Unterstützung von potenziellen Opfern von Menschenrechtsverletzungen findet sich in Artikel 12 des Übereinkommens des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels. Dort wird vorgesehen, dass die Vertragsstaaten Opfern des Menschenhandels Hilfe zu leisten haben. Insbesondere sind die betreffenden Personen über die ihnen zustehenden Rechte zu beraten und bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Auch in diesem Zusammenhang hat die zuständige Kommission des Europarats Verbesserungsmassnahmen in der Schweiz empfohlen (vgl. Evaluationsbericht zum Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels, S. 36–38).

Schliesslich bestehen namentlich mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie Artikel 29 der Bundesverfassung und deren Umsetzung in den diversen Prozessordnungen Rechtsgrundlagen, aus denen Rechtssuchende Unterstützungspflichten des Staates in rechtlichen Verfahren ableiten können. Ein wesentlicher Punkt ist dabei der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, welchen Personen ohne genügende finanzielle Mittel haben. Auch in dieser Hinsicht bestehen in der Schweiz jedoch Lücken. Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege oder Rechtsvertretung wird u.a. in der Sozialhilfe, dem Strafvollzug und dem Asyl- und Ausländerrecht besonders restriktiv gehandhabt. Gerade in diesen Rechtsgebieten wird aber in besonders wichtige Grundrechte eingegriffen und die Betroffenen können sich häufig nicht selbst wehren.

Praxisänderungen in Bezug auf die unentgeltliche Rechtspflege und der weitere Ausbau von Unterstützungsmechanismen sind entscheidend, um (potenziellen) Opfern von Menschenrechtsverletzungen den Zugang zum Recht zu ermöglichen. humanrights.ch setzt sich dafür ein, dass der Schutz der betroffenen Personen in dieser Hinsicht weiter verbessert wird.

kontakt

Marianne Aeberhard
Leiterin Projekt Zugang zum Recht / Geschäftsleiterin

marianne.aeberhard@humanrights.ch
031 302 01 61
Bürozeiten: Mo/Di/Do/Fr

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