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Neue Studie von Amnesty International zu Taserwaffen

16.12.2008

Amnesty International (AI) hat am 16. Dezember 2008 einen neuen Bericht zum Einsatz von Elektroschockwaffen in den USA veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass zwischen 2001 und August 2008 in den USA 334 Menschen nach einem Taser-Einsatz gestorben sind. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass die Schwelle zum Einsatz von Elektroschockwaffen erschreckend niedrig ist. Amnesty International fordert deshalb die Behörden in der Schweiz auf, die Verwendung von Tasern stark einzuschränken oder auszusetzen.

Taser sind eine Form von Folter

Taser-Pistolen seien keine ‹nicht-tödlichen Waffen› wie oft behauptet werde, schreibt Amnesty International in einem Mediencommuniqué vom 16. Dezember 2008. «Elektroschockwaffen können töten und dürfen nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen. Das Problem mit Tasern besteht darin, dass sie von Natur aus zu Missbräuchen verleiten. Die Waffe ist handlich, leicht zu bedienen und fügt starken Schmerz zu, ohne grosse Spuren zu hinterlassen», hält Denise Graf, Polizeiexpertin und Juristin der Schweizer Sektion von AI fest. 

AI verweist in der Medienmitteilung auf das UNO-Komitee gegen Folter, welches 2007 in einem Bericht geschrieben hatte, dass der Einsatz von Taserwaffen in gewissen Situationen eine Form von Folter darstelle. Das UNO-Komitee und Amnesty International fordern deshalb, dass der Einsatz von Elektroschockwaffen ausschliesslich in Situationen grösster Gefahr erlaubt sein soll, anstelle des Einsatzes von tödlichen Feuerwaffen. Die Praxis aus den USA zeige aber, dass dies vermehrt nicht der Fall sei. AI berichtet etwa von einem Einsatz der Waffe bei einem entlaufenen 9-jährigen psychisch-kranken Mädchen.

Situation in der Schweiz

In der Schweiz hatte die Schweizerische Polizeitechnische Kommission (SPTK) im Jahre 2003 den Polizeikorps des Landes die Anschaffung von Taser-Waffen empfohlen. Polizeikorps in mehreren Kantonen und Städten haben Taser-Pistolen unterdessen in Einsatz genommen oder getestet. Versuchsweise eingeführt wurden die Elektroschockwaffen bei den Kantonspolizeien Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Bern, Basel-Land, Basel-Stadt, Genf, Nidwalden, Schwyz, St.Gallen, Thurgau, Zug, Zürich sowie bei den Stadtpolizeien Dübendorf (zu Ausbildungszwecken) und Zürich. Gemäss Angaben von AI haben hingegen die Polizeikorps der Kantone Neuenburg und Waadt die Taser-Beschaffung explizit abgelehnt. Der Kanton Wallis verzichte nach einer Testphase auf eine Einführung. «Der Taser kommt für uns zurzeit nicht in Frage», sagte Jean-Marie Bornet von der Walliser Kantonspolizei gemäss AI. Über die genauen Gründe schweige er sich aus, während lokale Medien berichteten, die Polizei halte die Verletzungsgefahr für zu hoch.

Ausserdem erlaubt das Zwangsanwendungsgesetz, welches per 1. Januar 2009 in Kraft tritt, den Einsatz von Elektroschockwaffen durch die Bundesbehörden sowie durch kantonale Autoritäten, welche im Auftrag des Bundes handeln. Die Anwendung von Elektroschockwaffen wird insofern eingeschränkt, als deren Einsatz beim Transport auf dem Luftweg nicht erlaubt ist. Vorgesehen ist zudem, dass das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Zwangsanwendungsgesetzes einen Evaluationsbericht über diese sogenannten Destabilisierungsgeräte erstellt.

Bereits im November 2004 hatte Amnesty International (AI) über zahlreiche Todesfälle bei Einsätzen der Taserwaffen in den USA und Kanada berichtet. Angesichts der steigenden Zahl von Todesopfern im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tasern forderte AI schon damals einen Einsatzstopp für Elektroschockwaffen, bis eine umfassende Untersuchung über deren Auswirkungen vorliegt.