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40 Jahre Beitritt der Schweiz zur EMRK - ein Grund zum Feiern

28.11.2014

Am 28. November 1974 konnte die Schweiz den Rechtsakt vollziehen: Seit kurzem besassen Schweizer Frauen auf Eidgenössischer Ebene das Stimm- und Wahlrecht, somit war der Weg frei, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beizutreten. Dieser Schritt war wichtig und richtig für die Schweiz. Die EMRK-Grundrechte haben den Schweizer Rechtsstaat seither entscheidend geprägt und sind 1999 in die neue Bundesverfassung eingeflossen. Heute wird die EMRK täglich von Verwaltungsbehörden und Gerichten angewandt und wirkt sich so auf das Leben jedes und jeder Einzelnen aus. Nicht nur die Schweiz, alle 47 Staaten des Europarats haben sich inzwischen verpflichtet, die in der EMRK festgehaltenen Rechte einzuhalten.

Fundierte Analysen zum Jubiläum

Das Schweizerische Kompetenzzentrum (SKMR) widmet dem Jubiläum einen Sonder-Newsletter. Fundierte Analysen befassen sich mit den Errungenschaften der EMRK, setzen sich mit aktuellen Entwicklungen auseinander und bewerten die Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dass die EMRK die Bedeutung erlangen würde, die sie heute hat, war lange nicht absehbar. Zwei Beiträge des SKMR‐Newsletters blicken auf diese Entwicklung in Europa («EMRK – ein Katalysator der Freiheit in Europa») und in der Schweiz («Die schweizerische Demokratie und ihre Verbundenheit mit den Rechten Einzelner») zurück.

Obwohl die EMRK in Europa Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stärkte, steht die Rechtsprechung des EGMR aktuell vermehrt in der Kritik. Walter Kälin, Direktor des SKMR, legt in einem Beitrag dar, weshalb die Fundamentalopposition gegen EGMR und EMRK ins Leere führt. Es habe sich immer wieder gezeigt, dass sich Urteile, die ursprünglich heftig kritisiert wurden, nachträglich als überzeugende Lösungen erwiesen haben und heute als wichtige Beiträge zur Stärkung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gelten («Eine schwierige Beziehung: Die Schweiz und der EGMR»).

Gezielte Provokation von SVP-Bundesrat Maurer

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) fährt seit jeher einen Oppositionskurs gegen Europa. Die Polemik gegen die EMRK und den EGMR spielt dabei eine immer stärkere Rolle. Die Partei stört sich daran, dass die gemeinsamen Richterinnen und Richter der Europaratsstaaten in einzelnen Fällen Kritik an der Schweiz übten und sie zur Einhaltung der Menschenrechte anhielten. Die Partei will im Wahljahr 2015 Unterschriften für eine Initiative sammeln, welche sich direkt gegen die EMRK richtet. Zwischenzeitlicher Höhepunkt in diesem Bestreben: Der SVP-Vertreter im Bundesrat, Ueli Maurer, hat am 19. November 2014 in der Bundesratssitzung in einem Mitbericht gefordert, dass der Bundesrat dem Parlament formell die Kündigung der EMRK beantragen soll.

Der Bundesrat hat dem Ansinnen Maurers eine klare Absage erteilt. «Eine Kündigung der EMRK ist für den Bundesrat keine Option», hielt er in einem Communiqué fest. Da der Gerichtshof nur in den wenigsten Fällen eine Verletzung der Konvention feststelle und da verschiedene Verurteilungen der Schweiz zu heute allgemein akzeptierten Änderungen in Gesetzgebung und Praxis geführt hätten, plädiere der Bundesrat für einen «gelasseneren Umgang mit Strassburg». Mit einer Kündigung der EMRK würde sich die Schweiz nach Ansicht des Bundesrates nicht zuletzt aussenpolitisch isolieren und dem System zum Schutz der Menschenrechte des Europarates erheblich schaden.

Bundesrat würdigt die Bedeutung der EMRK für die Schweiz

Die Zurückweisung der Forderung von Bundesrat Maurer erfolgte im Kontext der Verabschiedung eines Berichts, den der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats erstellt hat. In diesem Bericht würdigt der Bundesrat unter anderem den positiven Einfluss der EMRK auf das schweizerische Rechtswesen der vergangenen Jahrzehnte. Er führt auch die genauen Umstände des Beitritts der Schweiz im Jahr 1974 aus und geht auf die Frage ein, inwieweit die EMRK und der Gerichtshof durch die Schweiz beeinflusst worden sind. Der Bericht zeigt zudem auf, dass die EMRK zur Stabilität der die Schweiz umgebenden Staats- und Rechtsordnungen beiträgt, was für die Schweiz von grösstem Interesse sei.

Darüber hinaus widmet sich der Bericht den Zukunftsperspektiven der Schweiz als Mitglied des Europarates. In diesem Zusammenhang hält er fest, dass der Bund die Subsidiarität als bedeutsames Prinzip der Rechtsprechung des EGMR erachtet und dass er sich weiter für effiziente Reformen des Kontrollsystems einsetzen wird. Nicht zuletzt kommt er auf die potentiellen Konflikte zu sprechen, die gewisse Volksinitiativen mit der EMRK sichtbar gemacht hätten. Dazu hält der Bericht fest, der Bundesrat sei weiterhin bestrebt, «die Problematik einer sachgerechten und politisch mehrheitsfähigen Lösung zuzuführen».

Am 27. Nov. 2014 hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga diese klare Haltung des Bundesrats in einer Rede an der Universität Zürich bekräftigt.

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