09.12.2024
Medienmitteilung, 9. Dezember 2024
zum internationalen Tag der Menschenrechte vom 10. Dezember
Die Menschenrechte sind seit diesem Jahr besonders stark unter Druck. Parlament und Bundesrat möchten die Unabhängigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR schwächen. Gewichtige Forderungen internationaler Menschenrechtsgremien an die Schweiz werden seit Jahren nicht umgesetzt. Zunehmende globale Krisen fordern unser Land heraus. Es ist Zeit für eine Offensive zur Stärkung der Menschenrechte in der Innen- und Aussenpolitik. Dazu braucht es ein Menschenrechtsgesetz, eine Strategie und eine gut dotierte Koordinationsstelle.
Die Menschenrechte wurden weltweit als Errungenschaft erkämpft. In Zeiten globaler Krisen, Kriege und reaktionärer Entwicklungen ist es besonders wichtig, den Einsatz für die Menschenrechte hochzuhalten. Seit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 1948 waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht – vor Krieg, Verfolgung, autoritären Regimen, staatlicher Diskriminierung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder den Folgen des Klimawandels.
Auch mit Blick auf die Schweiz ist das internationale Menschenrechtssystem dank hartnäckiger Menschenrechtsverteidiger*innen ein entscheidender Korrekturmechanismus. Umso bedeutsamer ist es, dass Bundesparlament und Bundesrat die Menschenrechtsinstitutionen wie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den UNO-Menschenrechtsrat sowie gewichtige Rechtsinstitutionen wie das Asylrecht und die humanitäre Hilfe vor Angriffen schützen.
Die Schweiz ist für die Umsetzung der Menschenrechte nicht genügend fit
Zahlreiche Forderungen internationaler Menschenrechtsüberwachungsgremien wie z.B. jene nach einem starken Diskriminierungsschutz, einer menschenrechtlich fundierten KI-Regulierung sowie der verbindlichen Regulierung von Aktivitäten von internationalen Unternehmen warten seit Jahren auf ihre Verwirklichung. Hinzu kommt, dass das Parlament derzeit das Fundament des humanitären Völkerrechts angreift und bewusst riskiert, dass die humanitäre Tradition der Schweiz an Glaubwürdigkeit verliert. Dies zeigen die Diskussionen über massive Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit, die Streichung der Gelder für das UNO-Hilfswerk für palästinensische Geflüchtete im Nahen Osten (UNRWA) und die Schwächung des Asylrechts.
Auch auf institutioneller Ebene gibt es grosse Defizite. Die Verantwortung des Bundes für die Umsetzung der Menschenrechte ist ein Flickenteppich mit schwacher Verbindlichkeit. Es fehlen der politische Wille und die Mittel, um die inhaltlich zuständigen Staatssekretariate, Ämter, Büros und Fachstellen sowie Kantone und Gemeinden darin zu unterstützen, die Menschenrechte effektiv zu implementieren. Solange es in der Bundesverwaltung kein starkes Zentrum gibt, das die Umsetzung der Menschenrechte vorantreibt und Rechenschaft einfordern kann, bleiben die Einhaltung und der Schutz der Menschenrechte weitgehend dem Zufall und der politischen Willkür überlassen.
Die Schweiz braucht dringend eine Offensive zum Schutz der Menschenrechte
Tarek Naguib, Koordinator der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz, kommt angesichts dieser grossen Herausforderungen zum Schluss: «Der Bund muss ein Gesetz zur Umsetzung der Menschenrechte erarbeiten, eine Menschenrechtsstrategie entwickeln sowie eine Koordinationsstelle einrichten, die mit genügenden Mitteln ausgestattet wird. Diese hat die Aufgabe, gestützt auf einen verbindlichen Massnahmenkatalog sowie transparente Prozesse dafür zu sorgen, dass die Umsetzung der internationalen Empfehlungen vorangebracht wird. Dazu ist im Menschenrechtsgesetz zusätzlich ein nationales Monitoring der Menschenrechtslage und der Umsetzungsmassnahmen sowie eine systematische Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung aller Gesetzesvorhaben und Verwaltungsmassnahmen zu verankern.»
In der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz haben sich über 100 schweizerische Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen. Die Organisationen aus der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz vertreten das ganze Spektrum der Menschenrechtsarbeit und setzen sich gemeinsam für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in der Schweizer Innen- und Aussenpolitik ein.
kontakt
Tarek Naguib
Koordinator der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz
tarek.naguib@humanrights.ch
031 301 06 73
Bürozeiten: Mo-Mi