19.04.2022
Mitteilung Nr. 790/2016, Entscheid vom 27. Juli 2021
Der UNO-Ausschuss gegen Folter (Committee Against Torture, CAT) kommt in einem Urteil vom Juli 2021 zum Schluss, dass die Wegweisung einer Frau von der Schweiz nach China eine Verletzung der Antifolterkonvention darstellen würde. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) muss das entsprechende Asylgesuch erneut überprüfen.
Im März 2015 kam die Beschwerdeführerin mit einem gültigen Schengen Visum in die Schweiz und ersuchte im April 2015 um Asyl. Ihr Gesuch wurde im Februar 2016 vom Staatssekretariat für Migration abgelehnt. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass sie bei einer Wegweisung aus der Schweiz von den chinesischen Behörden gesucht, verhaftet und gefoltert würde. Grund dafür seien ihre religiöse Zugehörigkeit und ihre Predigten bei der «Church of the Almighty God». Sie legte dar, dass sie in China von der Polizei gesucht wird und ihre Mutter aus diesem Grund bereits von den Behörden bedroht worden war.
Das Staatssekretariat für Migration zweifelte die Aussagen der Beschwerdeführerin in ihrer Glaubhaftigkeit und Kohärenz an. Es machte mit Verweis auf General Comment Nr. 4 geltend, die Beschwerdeführerin hätte nicht glaubhaft darlegen können, dass sie bei ihrer Rückkehr nach China persönlich einem echten Folterrisiko ausgesetzt wäre. Ausserdem sei in China kein Muster gravierender, massenhafter Menschenrechtsverletzungen ersichtlich, da sich das Land auch nicht im Kriegszustand befände.
Der UNO-Ausschuss gegen Folter gibt dem Staatssekretariat für Migration insofern Recht, als die Beschwerdeführerin ihre Zugehörigkeit zur «Church of the Almighty God» nicht ausreichend belegen konnte. Dennoch habe sie glaubwürdig dargelegt dem Christentum anzugehören, was auch durch die Aussage einer Zeugin gestützt wurde. Ausserdem zweifelt der UNO-Antifolterausschuss im Gegensatz zum Staatssekretariat für Migration nicht an der Vertrauenswürdigkeit der Aussagen hinsichtlich der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in China von der Polizei gesucht wird.
Das Staatssekretariat für Migration hat laut dem UNO-Gremium die Tatsache, dass Christ*innen in China zunehmend verfolgt werden, überhaupt nicht berücksichtigt. Die Religionsfreiheit in China wird durch die chinesischen Behörden stark eingeschränkt. Viele christliche Gruppierungen sind gesetzlich verboten. Ihre Mitglieder verschwinden oder sind Gefängnisstrafen und Folter ausgesetzt. Schon im Jahr 2017 lehnte die Schweiz das Asylgesuch einer Angehörigen der «Church of the Almighty God» ab, welche danach bei ihrer Rückkehr nach China verhaftet wurde.
Laut dem UNO Ausschuss gegen Folter ist auch in diesem Fall anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer persönlichen Situation bei einer Rückführung nach China dem Risiko von Folter und anderen Formen der unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Damit würde die Schweiz bei einer Wegweisung gegen Artikel 3 der UNO-Antifolterkonvention – das Non-Refoulement-Prinzip – verstossen und hat deshalb von einer Ausweisung abzusehen.