10.10.2024
Antrag Nr. 52232/20
Verletzung des Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens)
2013 heiratete P.J., ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, R.J., eine serbische Staatsangehörige, die 2021 die Schweizer Staatsbürgerschaft erhielt, nachdem sie ihr ganzes Leben lang in der Schweiz gelebt hatte. Von diesem Zeitpunkt an lebten das Paar sowie ihre beiden Kinder, welche die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen, in der Schweiz. 2018 wurde P.J. beim Transport von 194 Gramm Kokain für einen Dritten festgenommen. Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte ihn wenige Monate später wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Strafe und verwies ihn auf der Grundlage von Artikel 66a StGB für fünf Jahre der Schweiz. Sein Rekurs wurde abgewiesen, da das Bundesgericht befand, dass die Straftat insofern schwerwiegend war, als sie andere und die öffentliche Sicherheit gefährdete, und dass eine Umsiedlung nach Bosnien-Herzegowina mit seiner Familie keine besonderen persönlichen Schwierigkeiten bereiten würde.
Der EGMR ist nun der Ansicht, dass die nationalen Gerichte eine ungenügende Interessenabwägung von öffentlichem Interesse und dem persönlichen Recht von P.J. auf Familienleben vorgenommen hätten. Die Richter*innen waren der Ansicht, dass der Antragsteller keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit darstellte und dass das Bundesgericht folgende Elemente des Falles nicht berücksichtigt hatte: Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht vorbestraft war und nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Weiter, dass er nach seiner Verurteilung eine feste Anstellung erhielt und sich seitdem nichts zuschulden hat kommen lassen. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Ausweisung angesichts der negativen Auswirkungen auf das Leben des Beschwerdeführers unverhältnismässig ist.
- P.J et R.J c. Suisse
Urteil des EGMR vom 17. September 2024