20.06.2017
(teilweise übernommen von Schutzfaktor M)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) folgt der Beurteilung der Schweizer Behörden und stellt heute fest, dass die Wegweisung eines eritreischen Staatsangehörigen das Folterverbot (Art. 3 EMRK) nicht verletzt. Der EGMR stützt sich auf die Einschätzung der Schweizer Behörden, wonach die Aussagen des Beschwerdeführers zu seiner illegalen Ausreise nicht ausreichend glaubwürdig seien. Allerdings muss die Schweiz noch einmal über die Bücher und untersuchen, ob der nach einer allfälligen Wegweisung drohende unbefristete Militär- bzw. Nationaldienst nicht gegen das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit (Art.4 EMRK) verstossen würde.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer stellte im Juni 2014 in der Schweiz einen Asylantrag. Er war nach seiner Fahnenflucht aus dem obligatorischen Militärdienst inhaftiert worden und floh daraufhin über Äthiopien und den Sudan in die Schweiz.
Nach drei mündlichen Anhörungen wies das Staatssekretariat für Migration (SEM) das Asylgesuch am 08. März 2016 ab und verfügte die Wegweisung des Asylsuchenden. Begründet hat das SEM seinen Entscheid damit, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers widersprüchlich und zu wenig konkret gewesen seien. Der Eritreer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm aufgrund der Vorgeschichte nach einer Rückkehr in sein Heimatland Folter oder unmenschliche Behandlung bevorstünden. Nach dem ebenfalls ablehnenden Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wandte sich der Asylsuchende an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Das Urteil des EGMR
Der Menschenrechtsgerichtshof hält fest, dass die allgemeine Menschenrechtslage in Eritrea zwar bedenklich sei, sie aber als solche kein Wegweisungshindernis darstellt. Nur weitere persönliche Gründe des Beschwerdeführers könnten ein Risiko der Misshandlung palusibel machen. Der EGMR stützt die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts und des SEM, wonach der Beschwerdeführer entsprechende persönliche Gründe nicht glaubhaft habe nachweisen können. Dabei beruft sich der EGMR explizit auf des Prinzip der Subsidiarität. Aus diesem Grunde verneint der EGMR eine durch die Wegweisung drohende Verletzung des Verbots der Folter und der unmenschlichen Behandlung oder Strafe (Art. 3 EMRK).
Allerdings soll die Schweiz vor einer allfälligen Wegweisung in einem neuen Asylverfahren abklären, ob der drohende unbefristete Militär- und Nationaldienst in Eritrea gegen das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit von Art. 4 EMRK verstossen würde. Bis dies entscheiden ist, muss die Wegweisung des Eritreers weiterhin sistiert werden.
Dokumentation
- M.O. v. Switzerland
Urteil des EGMR vom 20.06.2017 - Eritrean asylum seeker’s expulsion from Switzerland would not breach the European Convention
Medienmitteilung des EGMR vom 20.06. 2017 (pdf, 3 S.)