07.07.2009
Die Exportrisikoversicherungen der Schweiz, Deutschlands und von Österreich steigen definitiv aus dem umstrittenen Ilisu-Staudammprojekt in der Türkei aus. Dies schreibt die Schweizer Exportrisikoversicherung am 7. Juli 2009 in einer Medienmitteilung. Die internationale Stopp-Ilisu-Kampagne reagiert erfreut.
Hoffnung bei den NGOs
Erstmals in der 65-jährigen Geschichte der Schweizer Exportversicherung (SERV) wurde damit eine bereits bewilligte Bürgschaft wieder gekündigt. Die Erklärung von Bern (EvB) hofft deshalb, dass soziale und ökologische Verantwortung bei der SERV künftig von vornherein stärker gewichtet werden. EvB bezweifelt, dass die Türkei den Staudamm nun bauen kann: «Mit der Lösung der Bürgschaften der Exportrisikoversicherungen erlöschen auch die Kreditverträge mit drei europäischen Banken. Damit dürfte es der Türkei trotz gegenteiliger Beteuerungen vorerst nicht möglich sein, das umstrittene Wasserkraftwerk zu finanzieren. Überdies werden ihr damit wohl auch für den Bau weiterer Staudämme staatliche Gelder aus Europa verschlossen bleiben.»
Weltweite Proteste
Die drei Exportversicherungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten im März 2007 trotz weltweiten Protesten Bürgschaften für das Ilisu-Projekt übernommen. Die Zusage war vertraglich an 153 Auflagen gebunden, bei nicht Erfüllung war ein Kündigung vorgesehen.
Durch den geplanten Ilisu-Staudamm hätten 60'000 Menschen ihre Heimat verloren. Gemäss Angaben der EvB stösst das Projekt vor Ort vor allem deshalb auf massive Ablehnung, weil es der türkische Staat bisher versäumt hat, die grundlegendsten Bedürfnisse der Bevölkerung genügend zu berücksichtigen. Im Juni hatte die Türkei erste Betroffene offenbar zwangsenteignet.
Der Staudamm ist ausserdem umstritten, weil die Gegend, welche geflutet worden wäre, kulturhistorisch bedeutungsvoll ist. Die bedrohte Stadt Hasankeyf etwa steht unter Denkmalschutz und einer Kandidatur für die Aufnahme als UNESCO-Weltkulturerbe steht einzig die Türkei im Weg. Problematisch ist des Weiteren, dass der geplante türkische Staudamm im Irak und in Syrien die Überschwemmungslandwirtschaft zerstören und in trockenen Jahren die Wasserversorgung gefährden könnte.
- Projekt Ilisu/Türkei: Exportrisikoversicherungen enden (online nicht mehr verfügbar)
Medienmitteilung der SERV, 7. Juli 2009 - Erfolg der Vernunft und der Zivilgesellschaft: Schweiz verabschiedet sich definitiv vom Ilisu-Projekt am Tigris
Medienmitteilung der EvB, 7. Juli 2009 (online nicht mehr verfügbar) - Dossier zum Ilisu-Staudammprojekt (online nicht mehr verfügbar)
Hintergründe mit zahlreichen weiterführenden Links auf der Website von EvB
Auswahl älterer Dokumente und Medienberichte
- Ilisuprojekt vor dem Aus: Suspendierung der Lieferverträge
Medienmitteilung von EvB vom 23. Dezember 2008
- Schweiz droht mit Ausstieg aus Ilisu-Projekt
NZZ, 9. Oktober 2008 (pdf, 2 S.)
- Türkisches Ilisu-Staudammprojekt sogar noch schlechter als chinesische Projekte
Medienmitteilung der EvB vom 14. März 2008 - Wasserkraftwerk Ilisu: Auflagen zum Schutz von Mensch, Umwelt und Kulturgütern müssen eingehalten werden (online nicht mehr verfügbar)
Medienmitteilung der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (SERV) vom 4. März 2008 - Schweiz wegen Ilisu-Staudamm erneut in Kritik
Swissinfo, 5. März 2008
- Ilisu-Staudamm: Bevölkerung verzweifelt - Seco wartet zu
Artikel auf Humanrights.ch vom Oktober 2007