09.08.2010
Die Berner Kantonspolizei hat im Mai 2009 in zwei Afrikaläden in der Stadt Bern Razzien durchgeführt. Beim Einsatz sind alle Kunden/-innen der Läden festgenommen und untersucht worden. Die afrikanischen Zentren in Bern bezeichneten das Vorgehen der Polizei gegenüber Humanrights.ch und andern Menschenrechtsorganisationen als inhuman und die Würde der Anwesenden missachtend. Nur einzelne Medien berichteten über das Geschehene und wenn, dann übernahmen sie die Darstellung der Polizei, die in einem Communiqué festhielt, im Zuge der Razzien seien 1,5 Kilogramm Kokain gefunden worden.
Die Hintergründe
Die Menschenrechtsorganisation «Augenauf» zeigt nun im Bulletin vom Juli 2009 einige Hintergründe der Aktion auf: Am 15. Mai 2009 hatte die Berner Kantonspolizei Razzien in zwei Geschäften durchgeführt, welche vielen Migranten/-innen afrikanischer Herkunft in der Stadt Bern als Treffpunkte dienen. Die Polizei gab vor Ort an, nach Drogenhändlern und andern Verdächtigen zu suchen. Sie zwang alle in den Geschäftslokalen anwesenden Personen (21 bzw. 10 Personen afrikanischer Herkunft), sich auf den Boden zu legen, verband ihnen die Augen, fesselte alle und transportierte sie zum Polizeiposten. Dort wurden gemäss Augenzeugen Frauen und Männer gemeinsam im selben Raum im Intimbereich durchsucht (Frauen auch von männlichen Polizisten). Nach der Untersuchung entliess die Polizei alle verhafteten, ohne dass bei jemandem Drogen gefunden wurden. Im Anschluss durchsuchte die Polizei die Privatwohnungen verschiedener Personen, die sie während der Razzia festgenommen hatte. Hierbei fand die Polizei bei einer Person, die als Kunde in einem der Läden anwesend gewesen war, das Kokain. Die Polizei veröffentlichte daraufhin ein Communiqué, dem zu entnehmen ist, dass bei einer Razzia in zwei afrikanischen Läden und verschiedenen Privatwohnungen Kokain beschlagnahmt worden sei.
Unverhältnismässig und rassistisch
Es ist nicht akzeptabel, dass aufgrund eines Generalverdachts die Würde aller Personen, die sich in den beiden Geschäften aufhielten, verletzt wurde. Alle zufällig Anwesenden wurden wie verdächtige Kriminelle behandelt; die Fesselung, der Abtransport und die Leibesvisitationen müssen als eine unverhätlnismässige, massive Verletzung der persönlichen Freiheit der Kontrollierten eingestuft werden. Dass der Berner Kantonspolizei wegen dieses Vorgehens Rassismus vorgeworfen wurde, scheint uns nicht übertrieben. Denn unter «rassistischer Diskriminierung» versteht man laut dem Rechtsratgeber «sämtliche Ungleichbehandlungen, Äusserungen oder Gewalttaten, die bewirken (oder mit denen beabsichtigt wird), dass Menschen wegen ihrer äusseren Erscheinung («Rasse») oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nationalität oder Religion herabgesetzt werden». Und dies war hier aufgrund der Augenzeugenberichte zweifellos der Fall.
- Aufruf zur Kundgebung gegen rassistische Diskriminierung durch Berner Polizei
Pressemitteilung vom 28. Mai 2009 von der Afrikagemeinschaft und von Sympathisanten (pdf, 2 S.) - Intimuntersuchung im Gemeinschaftsraum
Artikel im Augenauf Bulletin vom Juli 2009 (pdf, 1 S.) - Rechtsratgeber zu rassistischer Diskriminierung
Artikel auf humanrights.ch