30.11.2004
Betroffen war ein junger Mann tibetischer Abstammung, seinen Angaben zufolge Staatsangehöriger der Volksrepublik China. Im erstinstanzlichen Verfahren gab er zu Protokoll, er habe seine Heimat verlassen, weil er in der Stadt R. pro-tibetische Parolen an Wände geschrieben habe und deswegen Nachstellungen von Seiten der chinesischen Behörden befürchte. Identitätspapiere könne er keine einreichen, weil er damit seine Eltern gefährden würde. Eine Sprach- und Herkunftsanalyse des BFF gelangte zum Schluss, der Beschwerdeführer sei eindeutig tibetischer Ethnie, eine Herkunft aus dem angegebenen Ort sei ausgeschlossen. Zum Ergebnis der Herkunftsanalyse wurde dem Beschwerdeführer korrekterweise das rechtliche Gehör gewährt.
Im Juni 2004 trat das BFF auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und ordnete dessen Wegweisung und den Vollzug aufgrund nicht eingereichter Identitätspapiere an. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Herkunftsanalyse schloss das BFF, zwar sei der Beschwerdeführer tibetischer Ethnie, da er aber seine Biographie und Herkunft und damit seine Staatsangehörigkeit nicht überzeugend habe darlegen können, müsse er als unbekannter Staatsangehöriger angesehen werden. Da er nicht aus der angegebenen Herkunftsregion stamme und demzufolge seine unmittelbare Herkunft verschleiere, würden zugleich die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Probleme mit den chinesischen Behörden einer realen Grundlage entbehren. Daher könne angenommen werden, dass keine Verfolgung vorliege. Was den Vollzug der Wegweisung betreffe, sei eine vernünftige Prüfung vorliegend nicht möglich, es sei nicht Aufgabe der Behörde, allfällige Wegweisungshindernisse in hypothetischen Herkunftsländern abzuklären. Aus diesen Gründen sei der Vollzug der Wegweisung zulässig, zumutbar und möglich.
Der Beschwerdeführer erhob im Juni 2004 bei der ARK erfolgreich Beschwerde.
Die ARK hält folgendes fest: bei exiltibetischen Gesuchstellern und Gesuchstellerinnen ist davon auszugehen, dass sie in der Regel, auch wenn sie sich möglicherweise längere Zeit in Indien oder Nepal aufgehalten haben, nicht unbekannter Staatsangehörigkeit sind, sondern die Staatsangehörigkeit der Volksrepublik China besitzen. Das Bestehen von Hinweisen auf Verfolgung im Sinne von Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG ist bei exiltibetischen Gesuchstellern in Bezug auf den Heimatstaat – in diesem Fall die Volksrepublik China - zu prüfen. Das zuständige Bundesamt müsse den Fall bzw. das Asylgesuch neu beurteilen.
Urteil der Schweizerischen Asylrekurskommission vom 30. November 2004, EMARK 2005/1-001