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Zwangsmassnahmen für Minderjährige verstossen gegen Kinderrechtskonvention (NR 2/2008)

26.06.2008

Zu diesem Schluss kam die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats in ihrem Bericht vom November 2006 zur Frage, ob der Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht für Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren mit der Kinderrechtskonvention vereinbar ist. Die Konvention lässt den Freiheitsentszug bei Minderjährigen nur als letztes Mittel und «für die kürzest angemessene Zeit» zu. Die GPK hat jedoch festgestellt, dass Minderjährige im Durchschnitt länger in Ausschaffungshaft waren als Erwachsene. Sie hat herausgefunden, dass fast 60 % der Kinder länger als 4 Tage inhaftiert sind. In ihrem Bericht schreibt sie ausserdem: «Der Anteil der Minderjährigen, die länger als drei Monate in Haft sind, ist mit 14 bis 18 Prozent höher als bei der Gesamtheit, wo er nur 8 Prozent ausmacht.»

Gründe für lange Haftdauern abklären 

Die GPK-Sprecherin Lucrezia Meier-Schatz gab als einen Grund dafür an, dass die Ausschaffung von Kindern schwieriger ist als jene der Erwachsenen, da Begleitmassnahmen getroffen werden müssen. Dies könne die Behörden dazu verleiten, Kinder bis zur Volljährigkeit in Haft zu behalten. Die GPK empfahl dem Bundesrat, die Gründe abzuklären, die zu längeren Haftdauern bei Minderjährigen als bei Volljährigen führen, und gegebenenfalls Massnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Kinderrechtskonvention zu treffen.

Harmonisierung der Vollzugspraxis in den Kantonen 

Die Kommission hatte weiter festgestellt, dass es zwischen den Kantonen grosse Unterschiede in der Vollzugspraxis gibt. In einigen Kantonen ist die Ausschaffungshaft für Minderjährige verboten, andere hingegen verfahren nach den gleichen Massstäben wie bei Erwachsenen. Deshalb empfahl sie dem Bundesrat, die Vollzugspraxis in den Kantonen zu harmonisieren. 

Verstösst das Asyl- und Ausländerrecht gegen die Kinderrechtskonvention?

Mit Datum vom 20. Dezember 2006 bereits verlangte Maria Roth-Bernasconi (SP, GE), dass die entsprechenden Bestimmungen des Asyl- und Ausländerrecht so abzuändern seien, dass die Bestimmungen über die Zwangsmassnahmen nicht gegen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes verstossen. In der Sommersession 2008 nun hat der Nationalrat den Vorstoss mit 56 gegen 93 Stimmen abgelehnt. Der Rat folgte den Überlegungen der vorberatenden Kommission. Diese argumentierte, dass der Bericht der Geschäftsprüfungskommission sich auf den Vollzug der im alten Recht vorgesehenen Zwangsmassnahmen beziehe. In der Zwischenzeit seien nun das revidierte Asylgesetz und das neue Ausländergesetz (AuG) in Kraft getreten - das die Bestimmungen über die Zwangsmassnahmen noch verschärft hat nota bene - und es sei noch nicht möglich, die Notwendigkeit einer entsprechenden Gesetzesrevision zu beurteilen. Man wolle keineswegs gegen die Kinderrechtskonvention verstossen. Es gelte aber nun zuerst zu beobachten, wie der Vollzug der Zwangsmassnahmen vereinheitlicht und wie dem Kinderschutz Rechnung getragen werde. Der Nationalrat nahm in diesem Sinne dann ein Postulat der staatspolitischen Kommission vom 31. Januar 2008 an, welches den Bundesrat beauftragt, über die Kinderrechtskonformität der Zwangsmassnahmen gemäss neuem Asyl- und Ausländerrecht einen Bericht zu verfassen.