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Debatte über Familienzusammenführung und DNA-Tests lanciert

08.11.2007

Sollen beim Familiennachzug DNA-Tests bei den Nachkommen durchgeführt werden können? Diese Frage hat in Frankreich zu einer widersprüchlichen Debatte geführt. In der Schweiz hingegen werden solche DNA-Tests bei Familienzusammenführungen seit längerem praktiziert, ohne dass diese je im Parlament ein Thema waren. Die Praxis ist nicht unproblematisch, weil sie in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingreift. Fragwürdig ist zudem, dass die Behörden solch weitgehende Regelungen ohne rechtliche Basis praktizierten. Zum Glück hat nun die Debatte in Frankreich dazu geführt, dass die Thematik auch im Bundeshaus nochmals aufgegriffen wird.

Eingriff in die Persönlichkeit und in die körperliche Integrität

Eine Weisung des Bundesamtes für Migration (BFM) erlaubt die Durchführung von DNA-Tests bei Familienzusammenführungen seit 2004. Diese Weisung sieht DNA-Tests vor, wenn im Rahmen eines Aufenthaltsgesuchs für Nachkommen eines/r Migrant/in Zweifel über die Angaben zum Verwandtschaftsverhältnis bestehen. Der Test ist zwar freiwillig aber wer ablehnt, risikiert eine ablehnende Antwort. Die Weisung ist anwendbar für 33 Länder, darunter 22 afrikanische Staaten aber auch Brasilien, Kolumbien oder Irak. Der Test ist teuer und muss von der Person, welche den Antrag stellt bezahlt werden (ca. 1'500 Franken).

Ein DNA-Test greift in die körperliche Integrität und in die Persönlichkeit eines Menschen ein. Ausserdem reduziert ein Entscheid aufgrund eines solchen Tests den Begriff des Verwandtschaftsverhältnisses auf ein rein genetisches Verständnis. Ein solcher Test kann etwa ein Kindesverhältnis, welches aufgrund einer Adoption vorliegt, nicht aufzeigen. Ebenso wenig von Nutzen ist er beim Nachweis, ob ein vermeintlicher Ehepartner zu Recht in die Schweiz nachgezogen werden soll.

Lücken im Gesetz

Gegenüber Swissinfo rechtfertigte ein Sprecher des BFM die Praxis mit dem Argument, dass das neue Ausländergesetz, welches am 1. Januar in Kraft tritt, die Möglichkeit von DNA-Tests bei Familienzusammenführungen andeute. Auch das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen und die dazugehörige Verordnung, welche seit April 2007 in Kraft sind, regelten die zivile und administrative Durchführung der Tests (Art 32, bzw. Art 33).

Vorstösse im Nationalrat 

Den Ereignissen in Frankreich ist es nun zu verdanken, dass das Thema dennoch im Parlament diskutiert werden wird. Nationalrat Carlo Sommaruga (SP, GE) fordert nun mittels einer Motion, dass der Bundesrat einen Bericht zum Umgang mit solchen DNA-Tests bei Familienzusammenführungen vorlegt. Darin sollen Grundlagen und Lücken des geltenden Rechts dargestellt werden. Der Bericht soll zudem eine Aufstellung der seit 2005 durchgeführten DNA-Tests mit den Herkunftsländern der betroffenen Personen enthalten und über die Umstände dieser Tests informieren.

In die andere Richtung geht der Vorstoss vom neu gewählten Nationalrat Alfred Heer (SVP, ZH). Er fordert in seiner Motion, dass DNA-Tests beim Familiennachzug aus gewissen Ländern obligatorisch werden. 

Dokumentation