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Bericht der Kommission zur Verhütung von Folter zum Zentralgefängnis in Freiburg

23.11.2011

Die Haftbedingungen im Zentralgefängnis Freiburg sind insbesondere für Frauen und Minderjährige besorgniserregend. Dies schreibt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) in ihrem am 15. November erschienen Bericht, den sie anlässlich ihres Besuchs der Strafanstalt am 31. März und 1. April 2011 ausgearbeitet hat. Die NKVF kritisiert weiter die ungenügenden Beschäftigungs- und Bewegungsmöglichkeiten für Häftlinge. Ebenfalls gibt der NKVF die Situation der Ausländer in Ausschaffungshaft zu denken. Der für das Zentralgefängnis zuständige Freiburger Staatsrat hat sich in einer Stellungnahme zum Bericht nicht in allen Bereichen kooperativ gezeigt.

Schliessung der Sektoren für Frauen und Minderjährige empfohlen

«Die Situation der Frauen und der Minderjährigen ist besonders beunruhigend. Denn aufgrund ihrer geringen Anzahl ist es zurzeit nicht möglich, beiden Gruppen geeignete Haftbedingungen zu bieten.» Dies hält Jean-Pierre Restellini, Präsident der NKVF und Delegationschef für den Besuch in Freiburg, in der Medienmitteilung vom 15. November 2011 fest. Beim Besuch der NKVF waren nur eine Frau und ein Jugendlicher im Zentralgefängnis Freiburg in Haft. Die weiblichen und minderjährigen Gefängnisinsassen seien weitgehend isoliert, was dem für sie eigentlich geltenden Haftregime auf keinen Fall entspreche, schreibt die NKVF in der Medienmitteilung. Insbesondere die Lage der Jugendlichen sei bedenklich, da diese «zwingend soziale Kontakte, Beschäftigungsmöglichkeiten und viel lockerere Haftbedingungen als die Erwachsenen» benötigten. Die NKVF empfiehlt deshalb dem Freiburger Staatsrat die schnellstmögliche Schliessung der beiden Sektoren.

Infrastrukturen sind ungenügend

In ihrem Bericht zeigt die Kommission infrastrukturelle Unzulänglichkeiten im Zentralgefängnis auf, die mit Sanierungen bzw. einem Aus- oder Umbau behoben werden können. Erwähnt werden etwa die mangelnde Zellenbelüftung oder die für die Aufbewahrung von Medikamenten nicht ausreichende Klimatisierung der Apotheke. Besonders dringend erscheint vor allem ein Ausbau des Spazierhofs, welcher «äusserst klein […], mit Betonmauern umgeben und bar jeder Einrichtung und Begrünung ist». Insbesondere für Insassen, welche Haftstrafen von mehr als einem Jahr absitzen, scheint dies unzumutbar. Die vom Zentralgefängnis bereits geplante Errichtung eines neuen Spiel- und Sportplatzes empfiehlt die Kommission deshalb so bald als möglich zu beginnen.

Auch bei den Beschäftigungswerkstätten ist gemäss NKVF eine Aufstockung notwendig: Aufgrund des derzeitigen Platzangebots können die Gefängnisinsassen pro Tag nur 3 Stunden in der Werkstatt arbeiten. Ein Häftling sollte idealerweise jedoch mehr Zeit bei der Ausübung einer Tätigkeit ausserhalb der Zelle als in seiner Zelle verbringen. Diese Kritik ist alles andere als neu: Das Zentralgefängnis in Freiburg wurde bereits im Jahr 2001 von einer Delegation des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) besucht. Bereits damals empfahl die CPT, dass Häftlinge mindestens 8 Stunden ausserhalb ihrer Zellen verbringen sollten. Das Zentralgefängnis Freiburg verspricht nun eine Verdoppelung der Aufnahmekapazitäten in der Werkstatt innerhalb eines Jahres.

Bedingungen für Ausländer in Ausschaffungshaft fraglich

Wie auch in anderen Strafanstalten hat die NKVF festgestellt, dass die Haftbedingungen für Ausländer mit illegalem Aufenthalt und/oder in Ausschaffungshaft «etwa gleich streng wie jene für die Häftlinge im Strafvollzug» sind und damit einen zu starken Strafcharakter aufweisen. Ausländer mit illegalem Aufenthaltsstatus oder in Ausschaffungshaft haben sich nicht eines Strafdelikts schuldig gemacht und sollten entsprechend von gemilderten Haftbedingungen profitieren.

Reaktion des Freiburger Staatsrats

In seiner Stellungnahme zum Bericht vom 25. Oktober 2011 hat sich der Staatsrat des Kantons Freiburg bereit gezeigt, die infrastrukturellen Probleme in Angriff zu nehmen. Er betont, dass ein Umbau des Spazierhofs für 2012 vorgesehen ist und dass der neue Sportplatz genügend Platz für Gruppensportarten bieten wird. Eine zusätzliche «Häftlingswerkstatt» zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten  ist ebenfalls vorgesehen. Die Freiburger Regierung verspricht in ihrer Mitteilung zudem, die Mängel bei der Zellenbelüftung sowie der Klimatisierung der Apotheke demnächst zu beheben.

Weit weniger kooperativ zeigt sich der Staatsrat bei der Frage nach den Sektoren für Frauen und Minderjährige. Eine Schliessung der Abteilung für Jugendliche könne ins Auge gefasst werden, sobald die Jugendstrafanstalt in Palézieux fertiggebaut sei, lässt die Regierung verlauten. Dies dürfte indes erst 2013 der Fall sein. Die Schliessung des Sektors für Frauen wird gänzlich abgelehnt, «da es sich um die einzige Haftunterbringung für Frauen im Kanton» handelt. Ohne konkrete Massnahmen zu versprechen, verweist der Staatsrat darauf, dass nach der Räumung des Sektors für Minderjährige allenfalls eine Neugestaltung der Frauenabteilung in Erwägung gezogen werden könnte.

Auf die Problematik der Haftbedingungen für Ausländer in Ausschaffungshaft lässt sich der Staatsrat sodann überhaupt nicht ein. Er verweist lediglich auf die Zustimmung des Bundes zu den Haftbedingungen und stellt eine «vertiefte Prüfung» der Empfehlungen in Aussicht.

Dokumentation

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