11.05.2012
Der Kanton Tessin darf verlangen, dass die obligatorische Schulzeit in italienischer Sprache absolviert wird. Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Elternpaars abgewiesen, das seine Tochter in eine englischsprachige Privatschule schicken wollte.
Die italienisch-schweizerischen Eltern hatten 2010 darum ersucht, ihre Tochter das erste Schuljahr in einer Privatschule absolvieren lassen zu dürfen, in der mehrheitlich auf englisch unterrichtet wird. Die Behörden verwehrten ihnen diesen Wunsch.
Keine Verletzung der Sprachenfreiheit
Sie stützten sich dabei auf eine spezielle Regelung im Tessiner Schulgesetz, die vorschreibt, dass Kinder in der obligatorischen Schulzeit auf italienisch unterrichtet werden müssen. Eine Ausnahme kann bei Familien gemacht werden, die sich nur vorübergehend im Tessin niederlassen.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Eltern nun abgewiesen. Sie hatten eine Verletzung der in der Bundesverfassung verankerten Sprachenfreiheit geltend gemacht und argumentiert, dass der Besuch der Privatschule keinerlei negativen Auswirkungen auf ihre Tochter haben werde, zumal sie bereits italienisch spreche und verstehe.
Schutz des Italienischen
Im Gegenteil werde sie nur profitieren können, weil die englische Sprache immer wichtiger werde. Die Richter in Lausanne erinnern in ihrem Entscheid daran, dass die Sprachenfreiheit nicht absolut gilt. Im Tessin sei die offizielle Sprache das Italienische. Die italienische Sprache sei zwar nicht vom Aussterben bedroht.
Die Notwendigkeit, diese Sprache gegen die steigende Übermacht vor allem des Deutschen zu schützen, sei aber in der Vergangenheit spürbar geworden. Die Regelung im Tessiner Schulgesetz wiederspiegle dieses Anliegen. Insgesamt überwiege das öffentliche Interesse die privaten Interessen der Eltern. (BGE 138 I 123 vom 26.4.2012)
(Quelle sda)
Weitere Informationen
- Sprachenfreiheit hat gemäss Bundesgericht ihre Grenzen
NZZ vom 11. Mai 2012 (pdf, 1 S.) - BGE 138 I 123 vom 26.4.2012
auf bger.ch - Tessin darf Schulunterricht auf Italienisch vorschreiben
Schweizerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR), Newsletter vom 27. Juni 2012