28.10.2013
Bis 2025 soll die Todesstrafe weltweit abgeschafft werden. Dieses ehrgeizige Fernziel hat sich das Schweizer Aussendepartement in seiner Strategie gegen die Kapitalstrafe gesteckt. Die Strategie 2013 - 2016, welche der Bundesrat am 9. Oktober 2013 abgesegnet hat, legt einen konkreten Aktionsplan für dieses Fernziel fest. Bis heute haben 58 Staaten und Territorien die Todesstrafe noch nicht abgeschafft.
Gegen die menschliche Würde
«Die Schweiz ist gegen die Todesstrafe und zwar unter allen Umständen», hält der Bundesrat in einem Communiqué vom 10. Oktober, dem Internationalen Tag gegen die Todesstrafe fest. Diese Strafe sei unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte, denn sie stelle eine Verletzung des Rechts auf Leben dar. Die Umstände, die mit der Anwendung der Todesstrafe verbunden seien, verletzten die menschliche Würde und das Recht jedes Menschen auf Freiheit vor Folter und vor anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, schreibt der Bundesrat weiter. Schliesslich stelle die Todesstrafe eine definitive und irreversible Negierung jeglichen Rechts dar.
Der Bund beabsichtigt, die Abschaffung der Todesstrafe in kleinen Schritten zu verwirklichen und dort anzusetzen, wo in absehbarer Zeit die konkreten Bedingungen für Verurteilte und ihre Angehörigen verbessert werden können. Vermehrt soll die Auswirkung der Todesstrafe auf das unmittelbare Umfeld der Verurteilten ins Zentrum rücken. Von Bedeutung ist hierbei insbesondere der Zusammenhang mit den Rechten allfälliger minderjähriger Nachkommen, die aufgrund der UNO-Kinderrechtskonvention besonderen Schutz geniessen.
Das Aussendepartement hat sich mehrere mittelfristige Zwischenziele gesetzt. In erster Linie sollen Staaten, die die Todesstrafe anwenden, ermuntert werden, ein Moratorium einzuführen. Dann will die Schweiz solche Staaten anhalten, die Kapitalstrafe für möglichst wenige Verbrechen auszusprechen und die Mindestnormen im Bereich der Menschenrechte einzuhalten. So sollen etwa Schwangere, Menschen mit einer geistigen Behinderung und Personen, welche zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, nicht mehr zum Tode verurteilt werden. Schliesslich will die Schweiz ihr Engagement auch auf multilateraler Ebene (UNO, Europarat, OSZE) verstärken, um Staaten zur Ratifizierung der entsprechenden internationalen Übereinkommen zu ermutigen.
Konkreteres zur Strategie der Schweiz
Konkret bestehen für die Schweiz mehrere Anknüpfungspunkte, um ihre Unterziele zu erreichen. Auf internationaler Ebene wird im Zusammenhang mit der Todesstrafe häufig darüber diskutiert, welches denn die «most serious crimes» (die schlimmsten aller Verbrechen) sind, die mit der härtesten aller Strafen bestraft werden sollen. Die Schweiz will dafür eintreten, dass Staaten, welche die Todesstrafe kennen, diese einzig für Mord und vorsätzliche Tötung vorsehen. Dies könnte die Anzahl der Todesstrafen schon wesentlich verringern, insbesondere in Staaten, die gewisse Straftaten wie etwa den Drogenhandel automatisch mit der Kapitalstrafe ahnden. Ein weiterer vielsprechender Anknüpfungspunkt sieht die Schweiz dem Vernehmen nach darin, die Liste der Personen, welche nicht zum Tode verurteilt werden dürfen, zu erweitern. Zusätzlich zu den oben erwähnten von internationalem Recht bereits geschützten Personengruppen sollen neue dazu kommen, etwa Mütter mit Kleinkindern sowie betagte Menschen.
Ausserdem will der Bund auf multilateraler Ebene erreichen, dass die Rechte der Angehörigen besser berückstichtigt werden. So sollen Staaten, welche die Todesstrafe kennen, die Angehörigen von Verurteilten informieren müssen, wo und wann die Vollstreckung der Todesstrafe vorgesehen ist, bzw. wo die sterblichen Überreste des Getöteten übernommen werden können. Mehrere Staaten, darunter auch Japan, praktizieren heute noch geheime Exekutionen und in zu vielen Staaten erfahren die Angehörigen nie, wo ihre Nächsten begraben wurden.
Bald schon hat die Schweiz übrigens Gelegenheit, das Thema Todesstrafe auf multilateraler Ebene prominent aufzugreifen. 2014 wird sie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) präsidieren und die Möglichkeit haben, die Mitgliedstaaten aufzufordern, dass sie die im Rahmen der menschlichen Dimension der OSZE vereinbarten Normen einhalten.
Gemeinsamer Aufruf zum Welttag
Wie bereits 2012 haben sich die Schweiz und ihre fünf Nachbarländer zusammengeschlossen und am Internationalen Tag gegen die Todesstrafe einen Aufruf verfasst, der in verschiedenen Zeitungen im In- und Ausland veröffentlicht wurde. Der Aufruf wird von 42 Aussenministern/-innen mitunterzeichnet; sie vertreten die Mitgliedsstaaten des Europarates, die das Protokoll Nr. 13 der EMRK (Protokoll bezüglich der Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen) ratifiziert haben.
Das Parlament mischt sich ein
Übrigens: Auf nationaler Ebene hat auch das Parlament jüngst ein starkes Zeichen gesetzt für die Abschaffung der Todesstrafe. Der Nationalrat hat im März, gefolgt vom Ständerat im September 2013, eine Motion von Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (CVP, ZH) aus dem Jahre 2012 überwiesen, welche den «Export von Arzneistoffen zwecks Hinrichtung von Menschen verbieten» will.
Dokumentation
- EDA-Strategie für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe 2013-2016
Medienmitteilung des Bundesrates vom 10. Oktober 2013 - 42 Aussenminister rufen zur Abschaffung der Todesstrafe auf
NZZ Online, 10. Oktober 2013 - Export von Arzneistoffen zwecks Hinrichtung von Menschen verbieten
Motion 12.3871 von Barbara Schmid-Federer (CVP/ZH), 27. September 2012
Weiterführende Informationen
- Todesstrafe
Dossier bei Amnesty International - Hidden victims: the children of parents on death row
Informationen auf der Website des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte - Lightening the Load of the Parental Death Penalty on Children
Quaker United Nations Office, Juni 2013 (pdf, 62 S., englisch)