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Rechtliche Vorbehalte gegen die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta ausgeräumt

23.12.2015

Am 2. Juli 2014 hat der Bundesrat einen Bericht genehmigt, der zum Schluss kommt, dass die Schweiz die revidierte Europäische Sozialcharta ohne gesetzliche Anpassungen ratifizieren kann. Der Bericht erläutert im Detail, dass die Schweiz die rechtlichen Minimalanforderungen an eine Ratifikation bereits heute erfüllt.

Mit diesem Bericht erfüllt der Bundesrat ein Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats vom Januar 2010. Der Bericht hätte laut Postulat «spätestens vor Ende 2010» vorliegen sollen.

Verzögerung nach Schuss vor den Bug

Eine erste Version des Berichts ist bereits vor drei Jahren im Umlauf gewesen. Die NZZ torpedierte das unveröffentlichte Dokument im September 2011 in einem ganzseitigen Artikel mit dem Hauptargument, die schweizerische Rechtslage sei mit einer Ratifizierung der revidierten Sozialcharta nicht vereinbar. Ein unabhängiges Rechtsgutachten war allerdings bereits im Jahre 2008 zum gegenteiligen Schluss gekommen. Offenbar war aber der aggressive NZZ-Schuss vor den Bug für die Bundesverwaltung Anlass genug, nochmals über die Bücher zu gehen.

Vereinbarung über Berufslehre

Danach wurde in dieser Angelegenheit jahrelang öffentliches Stillschweigen geübt. Die zuständige Direktion für Völkerrecht war jedoch nicht untätig, sondern hat unterdessen eingehende Konsultationen mit dem Europäischen Ausschuss für soziale Rechte geführt. Dabei ging es hauptsächlich um die Anerkennung der Berufslehre als Teil des in der Schweiz etablierten dualen Bildungssystems. Der Ausschuss des Europarats konnte in zwei Treffen davon überzeugt werden, dass die Berufslehre nicht unter dem Aspekt der Jugendschutzmassnahmen sondern jenem der beruflichen Bildung zu betrachten sei.

Mindestanforderung für Ratifikation erfüllt

Mit dieser Vereinbarung wurde das letzte Hindernis zur Erfüllung der Mindestanforderung an eine Ratifizierung durch die Schweiz ausgeräumt. Denn die Ratifizierung der Sozialcharta ist à la carte möglich, solange ein Staat 6 von 9 Kernartikeln und eine bestimmte Anzahl weiterer Artikel ratifiziert. Der Europarats-Ausschuss hat der Schweiz bestätigt, dass sie die rechtlichen Voraussetzungen für diese Mindestanforderung nun erfüllt. Der Weg zur Ratifizierung ist - wenigstens auf rechtlicher Ebene - freigeschaufelt.

Von den 47 Staaten des Europarats haben 43 diesen Schritt bereits getan. Ausser der Schweiz fehlen nur noch die Zwergstaaten Liechtenstein, Monaco und San Marino. Gerade für die Schweiz ist das Abseitsstehen beim zweitwichtigsten Menschenrechtsabkommen des Europarats äusserst peinlich, hatte sie doch die Europäische Sozialcharta bereits im Jahre 1976 unterschrieben.

Eine Frage des politischen Willens

Mehrere Anläufe zu einer Ratifikation der Sozialcharta sind bisher im Parlament im Sande verlaufen, das letzte Mal im Jahre 2004. Dass die NZZ nach der Genehmigung des vorliegenden Berichts diese «Saga, die kein Ende nehmen will», ins Lächerliche zieht und den neuen Anlauf mit Spott überhäuft, darf als gutes Zeichen gewertet werden, denn dem Sprachrohr der Wirtschaft sind offenbar die Gegenargumente ausgegangen. Aufgrund der sorgfältigen rechtlichen Abklärungen ist das Argument der Unvereinbarkeit der Sozialcharta mit der schweizerischen Rechtsordnung definitiv vom Tisch. Von nun an hängt die Ratifizierung nur noch am politischen Willen.

Der Leiter der NGO-Kampagne Pro Sozialcharta, Bruno Keel, schreibt zum weiteren Vorgehen: «Entscheidend (…) wird nun sein, wie der Bericht im Parlament aufgenommen wird. Ziel ist die Ausarbeitung einer konkreten Ratifizierungsvorlage. Der vorliegende Bericht präsentiert dafür eine gute Auslegeordnung. Im September hat die Schweizerische Parlamentarier/innen-Delegation des Europarates das Geschäft traktandiert. Im Oktober wird sich voraussichtlich die Aussenpolitische Kommission des Ständerates damit befassen.»

Motion gegen die Ratifizierung der Sozialcharta

Im September 2015 reichte SVP-Nationalrat Thomas de Courten eine Motion ein, in der er den Bundesrat auffordert, auf die Ratifizierung der Sozialcharta zu verzichten. In seiner Antwort empfiehlt der Bundesrat den Räten die Motion abzulehnen. Zudem wiederholt er die rechtliche Ausgangslage und erklärt, dass für eine Ratifizierung der Sozialcharta durch den Bundesrat zuerst eine Genehmigung vorliegen und damit eine Mehrheit des Parlaments zustimmen müsste. Doch vorerst wird der neu zusammengesetzte Nationalrat in der laufenden Session über die Motion de Courten entscheiden müssen. Der Verein Pro Sozialcharta begrüsst den Entscheid des Bundesrats, die Ablehnung der Motion zu empfehlen und damit die Möglichkeit einer Ratifizierung der Sozialcharta durch die Schweiz immerhin offen zu lassen.

    Argumentarium für die Ratifizierung

    Die Kampagne Pro Sozialcharta hat ein neues Argumentarium erstellt. Dieses soll die Parlamentarier/innen bei der Behandlung des Berichts des Bundesrats von 2014 für einige Vorteile einer Ratifizierung der europäischen Sozialcharta sensibilisieren.

    Kommentar: Paradigmenwechsel ist angesagt

    Damit eine solche Ratifizierungs-Vorlage zustande kommt und schliesslich zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden kann, bräuchte es einen Abbau ideologischer Scheuklappen, ja einen eigentlichen Paradigmenwechsel in der schweizerischen Politik. Endlich müsste eine politische Mehrheit dafür einstehen, dass die Sozialrechte nicht irgendein lästiges linkes Anliegen sondern ein gleichwertiger Teil der Menschenrechte sind. Es wäre blosses Schildbürgertum, wenn sich die politische Mitte weiterhin gegen diesen weltumspannenden Konsens sperren würde. Denn die Igelhaltung gehört der Lächerlichkeit ausgesetzt und nicht das Bestreben, sie zu überwinden.


    Bundesrat muss Bericht zur Sozialcharta vorlegen

    (Artikel vom 11.03.2010)

    Der Ständerat hat am 8. März 2010 dem Bundesrat den Auftrag erteilt, eine Ratifizierung der revidierten Sozialcharta des Europarates zu prüfen. Die Kleine Kammer hat ein entsprechendes Postulat von Anne Seydoux (CVP/JU) ohne Gegenstimme gutgeheissen. Dieses Votum sorgt dafür, dass ein erster Schritt für die Versachlichung der seit den 1990er Jahren blockierten Diskussion getan ist. Der Bundesrat muss nun bis Ende 2010 der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates (APK-SR) einen Bericht zur Vereinbarkeit der revidierten Europäischen Sozialcharta mit der Schweizerischen Rechtsordnung vorlegen. (Vgl. Rechtliche Vorbehalte gegen die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta ausgeräumt vom 23.7.2014.)

    CVP-Postulat

    Die Europäische Sozialcharta ist von der Schweiz bis heute nicht ratifiziert worden. Im Januar 2010 konnte die Kampagne «Pro Sozialcharta» einen ersten Erfolg vermelden: Die APK-SR hatte an ihrer Sitzung vom 12. Januar 2010 beschlossen, ein CVP-Postulat zu unterstützen, welches fordert, dass der Bundesrat die vom Parlament letztmals in den 1990er Jahren abgelehnte Ratifzierung wieder auf die Tagesordnung setzt. Mit 9 gegen 2 Stimmen stimmte die Kommission laut APK-Präsident Eugen David (CVP/SG) dem Postulat von Anne Seydoux (CVP/JU) zu, das vom Bundesrat eine entsprechende Botschaft fordert. Laut David steht einer Ratifizierung nichts im Weg, weil die Schweiz bereits zwei Drittel der in der Charta festgeschriebenen Sozial-Standards erfülle.

    Pro Sozialcharta

    AvenirSocial, der Berufsverband der Professionellen der Sozialen Arbeit, tritt als politischer Akteur auf und macht Lobbyarbeit. Engagierte Mitglieder haben im Jahre 2008 die Kampagne «Pro Sozialcharta» zur Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta lanciert. Die Kampagne «Pro Sozialcharta» des Berufsverbandes AvenirSocial will mit der Unterstützung von Persönlichkeiten und Organisationen die Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta im Parlament erreichen.

    Die Sozialrechte in der Schweiz zu stärken ist dringender denn je, wollen wir nicht riskieren, dass der heutige Standard der neoliberalen Krise zum Opfer fällt. Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, ist ein Unterstützungskomitee gegründet und eine Petition auf den 10. Dez. 2010 hin lanciert worden. Mittlerweile wird die Kampagne von zahlreichen Persönlichkeiten und über 40 Organisationen unterstützt.

    Gutachten kommt zu positivem Schluss

    Das im Jahre 2008 aus juristischer Sicht erstellte Gutachten von Hr. Prof. Dr. iur. Kurt Pärli und Hr. Dr. Edgar Imhof ist zum Schluss gekommen, dass eine Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta des Europarates bereits aufgrund der heutigen Rechtslage möglich sei. Die Schweiz ratifizierte 1974 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese beinhaltet die bürgerlich-politischen Rechte. Das auch von der Schweiz anerkannte Prinzip der Unteilbarkeit der Menschenrechte bedingt eine Gleichstellung aller Menschenrechte und erfordert somit die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta, um auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in der Schweiz zu garantieren.

    Vorsitz der Schweiz im Ministerkomitee des Europarates

    Die Schweiz übernimmt am 18. Nov.09 bis Mitte Mai 2010 den Vorsitz des Ministerkomitees im Europarat, was ihr eine erhöhte internationale Aufmerksamkeit bescheren wird. Das Abseitsstehen in Bezug auf die Europäische Sozialcharta wird von Europa kritisch betrachtet werden. Der Generalsekretär des Europarates, Terry Davis, äusserte sich bereits beim vorbereitenden Treffen zum Vorsitz der Schweiz in diese Richtung. Auf europäischer Ebene werden in Kürze Russland, Serbien und Montenegro die revidierte Europäische Sozialcharta ratifizieren. Dies bedeutet, dass die Schweiz nebst Liechtenstein, San Marino und Monaco unter den letzten 4 der 47 dem Europarat angehörenden Staaten figuriert, die die Unteilbarkeit der Menschenrechte auf europäischer Ebene nicht anerkennt.

    Bisherige Ratifizierungsversuche

    Nachdem 1984/87 das Parlament die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta (ESC) abgelehnt hatte, verschwand das Thema für einige Jahre von der politischen Agenda, bis die sozialdemokratische Fraktion unter Federführung von Nationalrat Paul Rechsteiner 1991 eine parlamentarische Initiative einreichte, welche vom Bundesrat die Ausarbeitung eines Beschlusses zur Ratifizierung forderte. Die Nationalratskommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-NR) wurde beauftragt, einen Bericht über die Auswirkungen einer Ratifizierung der ESC auf das Schweizerische Landesrecht zu verfassen. 1996 wurde die Vorlage im Nationalrat debattiert, jedoch an die Kommission zurückgewiesen. Die nächsten Jahre brachten u.a. aufgrund der Revision der neuen schweizerischen Bundesverfassung sowie des Inkrafttretens der revidierten Europäischen Sozialcharta, Veränderungen mit sich, die einen aktualisierten Bericht erforderlich machten, der mit Verzögerungen von der Verwaltung erstellt wurde. Da der Bericht auch inhaltlich viele Fragen ungeklärt liess, hätte es die Kommissionsmehrheit in der Folge als notwendig erachtet, eine externe Expertise anzufordern, um die Vereinbarkeit der revidierten Europäischen Sozialcharta mit dem schweizerischen Recht abzuklären. Dazu kam es aber nicht mehr, da 2004 der Antrag auf Fristverlängerung abgelehnt wurde und die parlamentarische Initiative ohne erneute inhaltliche Debatte der Thematik abgeschrieben wurde.

    Sozialpolitischer Stillstand?

    Seit der Abschreibung der parlamentarischen Initiative zur Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta (2004) ist das Thema von der politischen Agenda verschwunden. Für den Bundesrat gehört die revidierte ESC zu den «Übereinkommen, die unser Land nicht zu ratifizieren beabsichtigt». An der Ratifikation der ESC von 1961 sowie der beiden Zusatzprotokolle von 1988 und 1995 sei die Schweiz zwar interessiert, sie gestalte sich jedoch aktuell problematisch. Aktuelle sozialpolitische Diskussionen drehen sich vielmehr um das Defizit im Staatsetat, dass die Erhaltung unseres Sozialsystems verursacht – erstaunlicherweise vermag unser Staatshaushalt jedoch problemlos private Grossunternehmen mit Milliardenunterstützungen aus der Bredouille zu ziehen. An der Tagesordnung sind ausschweifende Debatten über Sozialhilfemissbrauch, die diese eigentümliche Konnotation haben, dass es sich nicht mehr um ein Recht auf Existenzsicherung sondern vielmehr um ein Almosen des Staates handelt. Solange die Debatten um Sozialrechte so symbolisch aufgeladen sind, wie es sich bei der parlamentarischen Initiative der SP gezeigt hat, wird eine sachliche Diskussion nicht möglich sein. Dafür müssten erst die vorherrschenden Stereotypen aufgebrochen und diffuse Ängste vor einem Ausbau des Sozialstaats abgebaut werden.

    Langer Atem ist nötig

    Der Neuanlauf zur Ratifizierung ist ein langwieriger Prozess, der je nach politischer Lage über Jahre dauern kann. Gegenwärtig vertritt eine Mehrheit der Vereinigten Bundesversammlung eine ablehnende Haltung gegenüber den Sozialrechten im Allgemeinen und der revidierten Europäischen Sozialcharta im Speziellen. Mittelfristige Prognosen sind aufgrund der eingetretenen ökonomischen und der anstehenden Wertekrise kaum möglich. Das Anliegen ist derzeit in der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates (APK-SR) traktandiert und möglicherweise wird der Bundesrat mit einer Kommissionsmotion beauftragt, einen Beschluss zu Handen des Ständerats zu erarbeiten. Dieser Beschluss benötigt sowohl im Stände- und Nationalrat eine Mehrheit, der dann wiederum den Auftrag an den Bundesrat zum Unterschreiben und Ratifizieren der revidierten Europäischen Sozialcharta erteilt.

    Unterstützung durch die Internationale Juristenkommission

    Die Schweizer Sektion der Internationalen Juristenkommission (ICJ-CH) hat an ihrer Jahrestagung in Bern das Thema Sozialrechte behandelt. Die anlässlich der Generalversammlung verfasste Resolution zu Handen des Bundesrates, fordert nebst der Ratifikation der Europäischen Sozialcharta eine parlamentarische Gesamtdiskussion zu den Sozialrechten. Die Antwort des Herrn Bundesrates Couchepin ist diplomatisch zurückhaltend, indem er sagt: «Was schliesslich die Sozialcharta betrifft, gilt es an die Abschreibung der parlamentarischen lnitiative, die deren Ratifizierung verlangte, durch den Nationalrat im Jahr 2004 zu erinnern. Wenn im heutigen Zeitpunkt die Wiederaufnahme dieses Dossiers gewünscht wird, müsste man sich vergewissern, dass sich die Haltung des Parlamentes seither grundsätzlich geändert hat. Eine Einschätzung ist im derzeitigen Stadium nicht möglich.»


    Gutachten zur Vereinbarkeit des Schweizerischen Rechts mit der Sozialcharta

    (Artikel vom 13.10.2008)

    Ein Gutachten von Kurt Pärli und Edgar Imhof gibt Aufschluss über die Frage, inwieweit das schweizerische Recht mit der Sozialcharta des Europarates (ESC) kompatibel ist. Die Autoren haben das Gutachten im Auftrag von AvenirSocial erarbeitet. Die Organisation zieht aus dem Gutachten einen interessanten politischen Schluss. Sie findet, dass eine Ratifizierungsvorlage für die revidierte Sozialcharta des Europarates bereits aufgrund der heutigen Rechtslage möglich wäre.

    Ratifizierung rechtlich möglich

    Mit einer minimal gestalteten Ratifizierungsvorlage, so das Fazit der Auftraggeber des Gutachtens, gehe die Schweiz keine zusätzlichen internationalen Verpflichtungen ein. Denn inhaltlich habe sie bereits sechs Kernartikeln der revidierten Sozialcharta zugestimmt - unter anderem als Folge der Ratifizierung des UNO-Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Mit einer entsprechenden Ratitizierungsvorlage könnte sie die Lücke im Bereich der Anerkennung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte auf europäischer Ebene auf die einfachste Art schliessen.

    Mehrere Gründe sprechen für eine Ratifizierung

    Für eine solche Vorlage sieht AvenirSocial aussenpolitische und innenpolitische Argumente. Aus innenpolitischer Sicht spricht demnach für die Ratifizierung, dass diese die bestehenden sozialen Errungenschaften sichern würde. Ein Sozialausbau wäre, so AvenirSocial, nicht zwingend, wodurch die Chancen für eine mehrheitsfähige Vorlage klar steigen.

    Weitere wichtige Argumente zählt AvenirSocial mit Blick auf die Aussenpolitik auf. Mit einer Ratifizierung könnte die Schweiz ihre Glaubwürdigkeit im Bereich der Anerkennung der sozialen Menschenrechte auf europäischer Ebene wieder herstellen. Ausserdem würde die Schweiz mit der Ratifizierung der revidierten Sozialcharta die konsequente Gleichbehandlung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte mit den bürgerlichen Rechten vollziehen und damit endlich das Prinzip der Unteilbarkeit der Menschenrechte auch in der Praxis anerkennen. Darüber hinaus sei eine Ratifizierung ein Bekenntnis zur Integration in die europäische Wertegemeinschaft, schreibt AvenirSozial in ihrer Zusammenfassung weiter.

    Bereits erfüllte Verpflichtungen

    Das Gutachten zeigt unter anderem auf, dass die Schweiz vier Kernartikel des Abkommens bereits erfüllt, nämlich das Vereinigungsrecht (Art. 5), das Recht auf Kollektivverhandlungen (Artikel 6), das Recht der Familie auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz (Artikel 16) sowie das Recht auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Artikel 20). Weitere 12 Nicht-Kernartikel erfüllt die Schweiz zusätzlich. Für eine Ratifizierung müsste die Schweiz insgesamt sechs Kernartikel und 10 Nicht-Kernartikel erfüllen. Das Gutachten zeigt weiter auf, dass die Schweiz bei den Artikeln 1 (Recht auf Arbeit) und 13 (Recht auf Fürsorge) lediglich kleinere Lücken aufweist. Es handelt sich dabei um Regelungen, welche die Schweiz bereits durch die 1992 erfolgte Ratifizierung von UNO-Pakt I und von den entsprechenden Übereinkommen der ILO eigentlich einführen müsste.

    Weiterführende Informationen