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Die UNO verhandelt über globale Konzernverantwortung, doch die Schweiz sitzt auf der Zuschauerbank

26.10.2021

Vor einem Jahr stimmte die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung der Konzernverantwortungsinitiative zu – und sprach sich damit für einen verbindlichen Schutz von Menschenrechten und Umwelt aus. Heute Montag hat bei der UNO in Genf die 7. Verhandlungsrunde zu einem Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte begonnen. Doch der Bundesrat hat immer noch keinen Verhandlungsauftrag erteilt: Die Schweizer Delegation wird einmal mehr nur zuschauen. Dies ist unverständlich und beschämend, schadet den Menschenrechten, der Umwelt und der Schweiz.

Medienmitteilung vom 25. Oktober 2021

Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) wollte Menschenrechte und Umwelt schützen, fehlbare Konzerne haftbar machen und Geschädigten den Zugang zu Schweizer Gerichten ermöglichen. Der Bundesrat lehnte die KVI mit dem Argument ab, keinen «Alleingang» machen zu wollen und stattdessen international gleiche Rahmenbedingungen (ein «level playing field») für alle Konzerne anzustreben.

Seit sieben Jahren verhandelt die UNO über ein internationales Abkommen zu Transnationalen Konzernen und Menschenrechten – sozusagen die KVI auf globaler Ebene. Nur mit einem Verhandlungsauftrag (Mandat) des Bundesrats könnte die Schweizer Delegation mitverhandeln und zu einem guten Abkommen beitragen: Zu einem Abkommen, das die Menschenrechte und die Umwelt wirksam schützt, Menschenrechtsverletzungen sanktioniert und wiedergutmacht – und für die Wirtschaft weltweit gleiche Rahmenbedingungen schafft. Es gäbe für die Schweiz nichts zu verlieren, nur zu gewinnen, und sie könnte ihrem Ruf als Verteidigerin der Menschenrechte gerecht werden.

Zahlreiche Staaten haben die Bedeutung eines solchen Abkommens erkannt und verhandeln aktiv mit. Doch was macht die Schweiz? Sie verweigert sich der Diskussion und wird ohne Verhandlungsmandat einmal mehr nur «beobachten». Sie zeigt damit Missachtung und Geringschätzung der Bevölkerungskreise im globalen Süden, die zahllose Menschenrechtsverletzungen erlitten und überlebt und ihre Erfahrungen in den Verhandlungsprozess eingebracht haben. Sie verschliesst die Augen davor, dass das Abkommen dereinst auch die Schweiz und die Auslandaktivitäten der Schweizer Konzerne betreffen wird. Sie vergibt sich so bald die letzte Chance zur Mitgestaltung. Dies ist unverständlich und beschämend, doch auf Nachfrage gibt die Bundesverwaltung keine Gründe für das Abseitsstehen bekannt.

Seit 2015 fordern zivilgesellschaftliche Organisationen die aktive Teilnahme der Schweiz. In der vergangenen Sommersession fragten zwei Interpellationen – unterzeichnet von Parlamentarier*innen der SP, Grü- nen, GLP, Die Mitte und FDP – nach einem Verhandlungsmandat. Zudem liess der Bund alle vier bisherigen Abkommensentwürfe vom Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte SKMR analysieren – offensichtlich vergebens? Es ist absolut unverständlich, dass dieses erarbeitete Know-how nun nicht in die Verhandlungen einfliesst.

Mit der langjährigen Passivität bricht der Bundesrat die völkerrechtliche Verpflichtung, die Menschenrechte verbindlich zu schützen und zu erfüllen. Mit blossen «Erwartungen» gegenüber den Konzernen, mit «Dialog» und «Sensibilisierung» – so der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte – nimmt die Regierung eine grundlegende Staatsaufgabe nicht wahr. Und sie entspricht nicht dem Bedürfnis der Mehrheit der Stimmberechtigten, dass sich im Bereich der Konzernverantwortung etwas tut. Die unterzeichnenden Organisationen können und werden dies nicht hinnehmen.

Für die Arbeitsgruppe Transnationale Konzerne und Menschenrechte der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz: Actares, Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, CETIM, Fastenopfer, FIAN Schweiz, Gesellschaft für bedrohte Völker, Guatemalanetz Bern, humanrights.ch, Pro Natura