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Die Schweiz muss Regeln für Kommunikationsplattformen schaffen

12.10.2022

Die Schweiz muss Regeln für Kommunikationsplattformen schaffen: Grundrechte und demokratische Kontrolle statt Hassrede, Manipulation und Diskriminierung in der digitalen Öffentlichkeit.

Medienmitteilung vom 12. Oktober 2022

Eine Koalition aus der Zivilgesellschaft schlägt zehn Massnahmen vor, um Grundrechte, rechtsstaatliche Prinzipien und demokratische Kontrolle auch in der digitalen Öffentlichkeit durchzusetzen. Die Schweiz muss die Regulierung von Online-Plattformen jetzt angehen.

Ein Grossteil unserer demokratischen Öffentlichkeit manifestiert sich heute auf privaten Kommunikationsplattformen – und weder können wir nachvollziehen, wie dies geschieht und welchen Einfluss es auf unsere Gesellschaft hat, noch können wir uns dabei wirksam vor Manipulation und Diskriminierung schützen oder Phänomenen wie Hassrede oder Desinformation begegnen. Während die Europäische Union mit dem «Digital Services Act» eine umfassende Regulierung von Online-Plattformen beschlossen hat, um diesen Phänomenen zu begegnen, schläft die Schweizer Politik. Der Bundesrat hat zwar im November 2021 einen ausführlichen Bericht über den Einfluss von Kommunikationsplattformen auf unsere digitale Öffentlichkeit verfasst und auf Basis dessen ein Aussprachepapier zur Plattformregulierung verlangt. Dieses wird derzeit vom Bundesamt für Kommunikation erarbeitet – und soll von einer breiten Debatte begleitet werden. Sowohl diese Debatte als auch konkrete Regulierungsvorschläge fehlen jedoch bisher weitgehend.

Initiiert von AlgorithmWatch Schweiz, der Digitalen Gesellschaft und der Stiftung Mercator Schweiz bringen sich zahlreiche Organisationen aus der Zivilgesellschaft nun gemeinsam ein, um genau diese Debatte anzustossen und in die Öffentlichkeit zu tragen. Sie schlagen zehn Massnahmen vor, wie die Schweiz die Grundrechte und die öffentliche Meinungsbildung auf Online-Plattformen schützen soll.

«Es braucht mehr demokratische Kontrolle. Die Menschen sollen sich auf die Einhaltung ihrer Grundrechte im Internet verlassen können sowie ihre Meinung frei und aufgrund verlässlicher Informationen bilden können», fasst Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft, die Vorschläge zusammen. Angela Müller, Head of Policy & Advocacy von AlgorithmWatch Schweiz, betont: «Als Gesellschaft müssen wir prüfen können, wie Online-Plattformen uns beeinflussen – und ob wir damit einverstanden sind. Dazu brauchen wir griffige Instrumente. Nur so können wir Phänomene wie Diskriminierung, Manipulation oder Hassrede einordnen, ihnen wirksam begegnen und unsere Grundrechte auch online zuverlässig schützen.»

Das «Joint Statement zur Plattformregulierung» umfasst zehn Vorschläge:

  • Datenzugang für Forschung, Zivilgesellschaft und Journalismus: Um zu wissen, was überhaupt in unserer digitalen Öffentlichkeit passiert
  • Risikoeinschätzungen und Auditierung: Algorithmische Systeme auf ihre Risiken für Grundrechte und Demokratie hin prüfen
  • Begründung von Löschungen, Beschwerdesystem, Schlichtungsverfahren: Transparente und zugängliche Verfahren, welche die Rechte aller sichern
  • Durchsetzung von Regeln: Aufsichtsbehörden und zugängliche Vertretungen der Plattformen in der Schweiz
  • Selbstbestimmte Nutzung von Online-Plattformen: Transparenz über algorithmische Empfehlungssysteme
  • Diskriminierungsrisiken mindern: Besonders schützenswerte Personendaten nicht für Profiling und das Ausspielen von Werbung nutzen
  • Strafgesetzbuch als Leitlinie, aber um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erweitern: Hassrede darf Frauen nicht mehr von Debatten abschrecken
  • Kennzeichnung von politischer und kommerzieller Werbung sowie der Finanzierungsquelle: Transparenz über bezahlte Inhalte schützt freie Meinungsbildung
  • Eingrenzung von Desinformation und Kennzeichnung von (Social) Bots: Die algorithmisch getriebene Verbreitung von falschen Informationen stoppen
  • Digitale Informations- und Nachrichtenkompetenz stärken: Medienbildung im digitalen Raum als Pflichtfach für eine starke Demokratie

Das Statement wird unterstützt von folgenden Organisationen und Personen:

AlgorithmWatch Schweiz, Digitale Gesellschaft, Stiftung Mercator Schweiz, CH++, Dezentrum, Fachgruppe «Informatik und Gesellschaft» der Schweizer Informatikgesellschaft, humanrights.ch, ICT4Peace, Netzcourage, OpenData.ch, PinkCross, Stiftung für Konsumentenschutz, Stiftung Risiko Dialog, Zurich Hub for Ethics an Technology (ZHET)

Weiterführende Informationen

Für Auskünfte stehen Ihnen folgende Personen gerne zur Verfügung:

Dr. des. Angela Müller, Head of Policy & Advocacy, AlgorithmWatch Schweiz (deutsch)
mueller@algorithmwatch.ch, +41 76 516 91 78

Erik Schönenberger, Geschäftsleiter Digitale Gesellschaft (deutsch)
kire@digitale-gesellschaft.ch, +41 79 254 29 93