07.11.2024
Mitteilung Nr. 80/2019, Entscheidung vom 21. Mai 2024
Der Ausschuss der Kindrrechtskonvention (KRK) stellte fest, dass die Schweiz gegen Artikel 3 (Wohl des Kindes) und Artikel 12 (Recht des Kindes auf Anhörung) des Übereinkommens über die Rechte des Kindes verstossen hat, indem sie einen volljährigen Asylsuchenden willkürlich für volljährig erklärt hat.
Am 14. September 2018 stellte A.M., ein afghanischer Staatsangehöriger, in der Schweiz einen Asylantrag. Etwa einen Monat später beschliesst das Staatssekretariat für Migration (SEM), auf den Antrag nicht einzugehen, da der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig war. A.M. reichte daraufhin eine Beschwerde gegen diese Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht ein, die diese am 8. November 2018 ablehnte. A.M. hatte ursprünglich in Schweden einen Asylantrag gestellt. Die schwedischen Behörden hatten daraufhin ein Gutachten zur Altersbestimmung erstellt, das zu dem Schluss kam, dass A.M. am 2. November 2000 geboren worden war. Bei ihrer Prüfung von A.M.s Akte im Jahr 2018 berücksichtigten die Schweizer Behörden dieses Gutachten jedoch nicht und kamen auf der Grundlage einer Gesamtbewertung zu dem Schluss, dass A.M. am 1. Januar 2000 geboren und somit volljährig war. Auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung vertrat die Schweiz die Ansicht, dass sie nicht befugt sei, auf den Asylantrag einzugehen, da der Antragssteller volljährig sei und Schweden der ursprüngliche Staat sei, in dem der Anstragssteller einen Asylantrag gestellt habe. Der Beschwerdeführer wirft den Schweizer Behörden vor, sein Alter willkürlich angegeben, das Gutachten zur Altersbestimmung in Schweden, wo A.M. ursprünglich seinen Asylantrag gestellt hatte, ignoriert und sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt zu haben, indem sie ihn ohne rechtliche Vertretung angehört haben.
Der Ausschuss betont, dass die Bestimmung des Alters einer jungen Person im Rahmen des Asylverfahrens von grösster Bedeutung ist. Er erinnert daran, dass das Ergebnis des Verfahrens darüber entscheidet, ob die Person als Kind behandelt werden kann oder nicht, und dass die Person somit Anspruch auf besonderen Schutz und besondere Garantien im Rahmen der Dublin-III-Verordnung hat.
Der Ausschuss ist der Ansicht, dass eine Person, die behauptet, minderjährig zu sein, während des gesamten Altersbestimmungsverfahrens wie ein Kind behandelt werden sollte, um die Achtung ihres besten Interesses und das Recht auf Anhörung zu gewährleisten. Die Schweiz hätte A.M. daher wie ein Kind behandeln müssen, solange die Möglichkeit bestand, dass sie minderjährig ist, zumal ihr der Vorteil des Zweifels an ihrem Alter hätte zugestanden werden müssen. Er wirft der Schweiz auch vor, keine umfassende Beurteilung der physischen und psychologischen Entwicklung vorgenommen zu haben, die eine Altersbestimmung ermöglicht hätte.
Der Ausschuss erinnert daran, dass eine angeblich minderjährige Person das Recht hat, in jedem sie betreffenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren angehört zu werden und während des gesamten Verfahrens von einer Vertretung oder einer geeigneten Stelle unterstützt zu werden. Der Ausschuss wirft der Schweiz vor, dass sie diesen Grundsatz nicht auf den vorliegenden Fall angewandt und die Bestellung einer Vertretung während des Verfahrens verhindert hat.