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Schweiz ratifiziert internationalen Vertrag über den Waffenhandel

13.10.2015

Das Abkommen zum internationalen Waffenhandel (auch Arms Trade Treaty, kurz ATT) ist für die Schweiz am 30. April 2015 in Kraft treten. Der Bundesrat hatte am 31. Januar 2015 bei den Vereinten Nationen in New York die offizielle Raitifizierungsurkunde übergeben. Bei der Aushandlung des Abkommens war die Schweiz besonders aktiv. Sie beabsichtigt nun auch bei der Umsetzung des Vertrages eine führende Rolle zu übernehmen, wie eine Medienmitteilung des Bundes festhält. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Ansiedlung des ATT-Sekretariats in Genf. Den Entschluss dazu fassten die Mitgliedstaaten an der ersten Konferenz des ATT in Mexiko.

Der ATT setzt erstmals auf internationaler Ebene völkerrechtlich verbindliche Standards bei der Regelung und der Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen. Er verpflichtet die Vertragsstaaten bei jedem Rüstungsgeschäft abzuklären, ob mit den Waffen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden, respektive ob damit gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen wird. Die Schweiz hatte sich bei den Aushandlungen auf internationaler Ebene wie die restlichen europäischen Staaten für ein umfassendes Waffenhandelsabkommen mit höchstmöglichem internationalem Standard, universeller Anwendbarkeit und breitem Anwendungsbereich ausgesprochen. So hatte sie sich dafür eingesetzt, dass der ATT einen möglichst umfangreichen Katalog von zu kontrollierenden Rüstungsgütern und Aktivitäten beinhaltet (einschliesslich Munition, Teile und Komponenten sowie  Technologietransfer). Sie hatte das Abkommen denn auch bereits am 3. Juni 2013 unterzeichnet.

Für die Ratifizierung musste das Abkommen jedoch noch das Parlament passieren. An der Schlussabstimmung vom 26. September 2014 bejahten der Nationalrat sowie der Ständerat den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zum internationalen Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT). Der Vertrag unterlag dem fakultativen Referendum, weil er wichtige rechtssetzende Bestimmungen nach Art. 22 Abs. 4 Parlamentsgesetz (ParlG) enthält. Die Referendumsfrist lief am 15. Januar 2015 ungenutzt ab.

Auswirkungen auf die Schweiz

Die Auswirkungen für die Schweiz durch die Ratifizierung des ATT sind gering. Das Kriegsgütermaterialexportgesetz sieht (zumindest auf dem Papier) bereits heute strengere Auflagen vor als sie der ATT vorschreibt. So führte der Bundesrat in seiner Botschaft zur Genehmigung des Vertrages aus, dass die Umsetzung keine Anpassungen des Schweizerischen Rechts mit sich bringt. Aus diesem Grund steht die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) dem ATT auch eher skeptisch gegenüber, während die Vertreter der Waffenindustrie das Abkommen befürworten, da sie sich dadurch ähnlich strenge Regeln für die ausländische Konkurrenz im internationalen Wettbewerb erhoffen.

Auch wenn der internationale Waffenhandelsvertrag keine direkten Auswirkungen auf die Schweiz haben wird, könnte der Erlass internationaler Regeln dazu führen, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen in der Schweiz inskünftig konsequenter angewendet werden. Denn obschon das schweizerische Kriegsmaterialgesetz in Art. 22 des Kriegsmaterialgesetzes (KMG) vorschreibt, dass die Ausfuhr nur bewilligt wird, wenn diese «dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik nicht widerspricht», zeigen Beispiele aus der Praxis, dass es bei der Umsetzung dieser Bestimmung harzt und die Auflagen von den Empfängerstaaten oft nicht eingehalten werden. So kamen Schweizer Waffen unter anderem in Konflikten in Afrika oder anlässlich des «arabischen Frühlings» in Libyen und Syrien zum Einsatz, obwohl an diese Staaten direkt offenbar keine Waffenlieferungen aus der Schweiz erfolgt sind.

Problematisch ist auch die Politik, welche das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bei der Bewilligung von Waffenexportgeschäften verfolgt. Bis heute sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung wegen mangelhafter Transparenz nicht ausreichend klar. Es ist unklar, wie das Seco Art. 22 KMG auslegt und für interessierte Kreise bleibt mit Blick auf die Praxis insbesondere intransparent, welche menschenrechtlichen Kriterien bei einer Zu-, bzw. Absage durch das Seco zum Tragen kommen. So sind beispielsweise 2011 Exporte von Waffen nach Saudi-Arabien gestoppt worden, während andere nach Indien oder Russland weiterhin bewilligt wurden. Die Gründe für diese Entscheide blieb das Seco schuldig.

Ein Genfer Sekretariat für das ATT

Im September 2014 zeigte sich einmal mehr, dass die Haltung des Bundes in Sachen Regulierung von Waffenexporten schwankend ist. Damals entschied der Bundesrat auf Druck der Wirtschaft, die Vorgaben für den Waffenexport zu lockern (hier finden Sie unseren Artikel dazu). Auf internationaler Ebene werden strenge Vorgaben gefordert, während auf nationaler Ebene zeitgleich die Bedingungen gelockert werden. Diese zynische Haltung des Bundes ist umso stossender, nun da die Schweiz für den Sitz des ATT-Sekretariats ausgewählt wurde.

Beworben hatten sich für die Beherbergung des Sekretariats auch Australien und Trinidad; gewählt wurde nun Genf. Der Entscheid fiel Ende August 2015 auf der ersten Konferenz der Mitgliedstaaten des ATT in Cancún. In der Medienmitteilung des EDA betont Aussenminister Didier Burkhalter: «Die Schweiz unterstützt die Errichtung des Sekretariats in Genf und wird sich aktiv für die Umsetzung des Waffenhandelsvertrags einsetzen.»

Dokumentation