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Ruggie-Richtlinien vom UNO-Menschenrechtsrat angenommen

01.06.2011

Der UNO-Sonderbeauftragte John Ruggie hat am 30. und 31. Mai 2011 in Genf vor dem Menschenrechtsrat seinen Abschlussbericht präsentiert. Seine Arbeit hat die Debatte über den Umgang mit Menschenrechtsverletzungen, welche die Privatwirtschaft verursacht, vorangebracht. Dies haben im Menschenrechtsrat auch die Staatenvertreter gewürdigt. Es ist ihm mit seinem Protect-Respect-Remedy Referenzrahmen gelungen, eine Grundlage zu formulieren, auf der die Debatte über Menschenrechtsverletzungen aufbauen kann. Allerdings bleibt vieles zu tun.

Aus Sicht von Menschenrechtsorganisationen muss der Referenzrahmen nun Eingang in rechtliche Vorgaben finden. Nur so können die eklatanten Lücken im Schutz vor Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen geschlossen werden. Ausserdem müssen mehr Unternehmen dazu bewegt werden, sich mit ihren Sorgfaltspflichten gegenüber Menschenrechten zu befassen und diese in ihr Managementsystem integrieren.

Reaktion internationaler NGO

Dies sei für den Menschenrechtsrat in seinem Bestreben, den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang mit Wirtschaftsaktivitäten voran zu bringen, ein Schlüsselmoment, schreiben die Internationale Juristenkommission, Human Rights Watch und andere internationale Organisationen in einem Joint Statement an den Menschenrechtsrat. Sie sehen klar weiteren Handlungsbedarf und fordern den Rat deshalb auf, einen robusten Follow-up-Mechanismus aufzubauen, um sicherzustellen, dass die grössten Lücken im Menschenrechtsschutz in diesem Bereich weiter thematisiert werden. Die Menschenrechtsorganisationen verlangen in ihrem Statement unter anderem ein multilaterales Rechtsinstrument, welches dafür sorgen soll, dass die störendsten Missbräuche weltweit geahndet werden.

Es gibt allerdings unter den NGOs auch solche, welche die Arbeit Ruggies ablehnen, wie etwa FIAN International oder das Centre Europe - Tier Monde (CETIM). Sie riefen die Staaten im Menschenrechtsrat dazu auf, die Guiding Principles nicht zu akzeptieren, da diese zu unverbindlich für die TNCs sind.

Weltweite Konsultationen und Vernetzungen

Ruggie hat während seines Mandats 47 internationale Konsultationen mit Staaten, Unternehmen, Investoren, Organisationen der Zivilgesellschaft und betroffenen Gruppen durchgeführt. Regionale Treffen fanden unter anderen in Bangkok, Bogota, Johannesburg, Neu Dehli, Moskau und Buenos Aires statt. Schweden organisierte während seiner EU-Präsidentschaft eine europaweite Konsultation und das OHCHR veranstaltete eine globale Konsultation in Genf mit mehr als 300 Teilnehmern. Der Sonderbeauftragte arbeitete mit 19 Kanzleien aus der ganzen Welt zusammen, um mehr als 40 Rechtssysteme und Rechtsprechungen zu untersuchen.

Die Erkenntnisse aus seinen Studien brachte Ruggie zudem in zahlreichen anderen Initiativen ein: Er arbeitete mit der OECD zusammen, als diese ihre Guidelines für multinationale Unternehmen überarbeitete, war dabei, als die International Finance Corporation ihre Performance Standards revidierte und half der Arbeitsgruppe Menschenrechte des Global Compacts, eine Liste von best practices auszustellen. Auch der Europäischen Kommission stand er zur Seite, um Regelungen für europäische Firmen im Ausland auszuarbeiten. Er gab des Weiteren Inputs für die Sektion Menschenrechte des Social Responsability Standard (ISO 26000) und überzeugte die UNO-Kommission für internationales Handelsrecht, grössere Transparenz in Schiedsgerichtsverfahren walten zu lassen, wenn Menschenrechte involviert sind.

Die Schweiz muss auf die Ruggie-Leitlinien reagieren

Vor der Behandlung von Ruggies Abschlussbericht im Menschenrechtsrat sind hiesige NGOs wie Fastenopfer, Alliance Sud, Erklärung von Bern, Schweizer Sektion von Amnesty International und andere mit der Forderung an die Schweiz gelangt, ihr Engagement im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte weiter zu entwickeln. Die Schweiz müsse die Gelegenheit ergreifen und eine nationale Strategie zu «Wirtschaft, Unternehmen und Menschenrechten» entwickeln, die sich auf die Prinzipien des UNO-Sonderbeauftragten stütze. Denn auch in der Schweiz herrsche der von Ruggie generell konstatierte eklatante Mangel an Kohärenz zwischen der Förderung der Menschenrechte im Rahmen der Aussenpolitik und der Aussenwirtschaftspolitik.

Wie weiter?

In der Debatte im Menschenrechtsrat am 30. und 31. Mai 2011 haben die Staatenvertreter die Arbeit John Ruggies gewürdigt und ihre Unterstützung hervorgehoben. Argentinien brachte im Verlaufe der Debatte einen Resolutionsentwurf ein, der einen Nachfolge-Mechanismus vorschlägt. Viele Staatenvertreter äusserten sich vorerst positiv gegenüber einem solchen Mechanismus. Ruggie selbst regte an, dass die UNO zur Umsetzung seiner Leitlinien ein jährlich stattfindendes Treffen durchführen sollte.

Die genaue Ausgestaltung des Folgemechanismus hat während der 17. Session des Menschenrechtsrates für Diskussionsstoff gesorgt. Schliesslich verabschiedete der Menschenrechtsrat eine eher schwache Resolution (A/HRC/17/L.17/Rev.1), welche die Schaffung einer Arbeitsgruppe zu Wirtschaft und Menschenrechten vorsieht. Nichtregierungsorganisationen wie das Cairo Institute for Human Rights Studies, die Internationale Juristenkommission (ICJ), das Human Rights Law Center, die International Federation for Human Rights (FIDH) und der International Service for Human Rights signalisierten in einem gemeinsamen Statement jedenfalls wenig Zufriedenheit. Man sei enttäuscht, dass das Mandat fast ausschliesslich auf die Guiding Principles abstelle. Man hoffe, dass der Rat und die Arbeitsgruppe die Arbeit an der Umsetzung der Leitlinien, insbesondere bezüglich Haftung und Wiedergutmachung, fortsetze.

Dokumentation