04.08.2005
Wer ausserhalb des engsten privaten Kreises rassistische Bemerkungen macht, dem droht künftig Strafe. Dies hat das Bundesgericht entschieden und damit die Strafbarkeit rassistischer Äusserungen ausgeweitet. Bisher galt nur als öffentlich, was vor einem unbestimmt grossen Personenkreis gesagt wurde. Neu sollen rassistische Äusserungen ungeachtet der Anzahl Zuhörenden immer strafbar sein, wenn sie ausserhalb des Familien- oder Freundeskreises fallen.
Das Urteil bezieht sich konkret auf einen Vortrag über die Entstehung der SS und der Waffen-SS in einer abgelegenen Waldhütte vor rund 50 Personen aus der Skinhead-Szene. Zum Vortrag eingelassen wurden Personen, die eine schriftliche Einladung vorweisen konnten.
Rechtsprofessor Marcel Niggli vertritt laut «Der Bund» die Ansicht, dass das Urteil einzig für die Neonaziszene eine Verschärfung bedeute. Für den Alltagsbereich sieht er keine Auswirkungen. Die Bundesratsparteien reagierten unterschiedlich. Die SVP bezeichnete das Urteil als falsch. Die SP hingegen begrüsste es, bisher sei das Gesetz zu lasch angewendet worden. Die CVP findet das Urteil richtig, doch Stammtische dürften nicht darunter fallen. Das Gesetz lasse einen zu grossen Interpretationsspielraum offen, fand die FDP.
- Markus Felber: «Öffentlich ist, was nicht strikt privat ist»
in: Neue Zürcher Zeitung NZZ vom 17. August 2004 (pdf, 2 S.) - Umstrittene Verschärfung
«Der Bund» vom 17. August 2004 (pdf, 3 S.) - Wann sind rassistische Äusserungen öffentlich?
Bemerkungen der Eidg. Kommission gegen Rassismus zum Bundesgerichtsurteil vom 27. Mai 2004 - Rassistische Diskriminierung i.S.v. Art. 261bis StGB, Eine Übersicht von Marcel A. Niggli und G. Fiolka, EKR, Dezember 2004
- BGE 130 IV 111