14.03.2007
Eine Nationalfondsstudie hat bei der Lehrstellenvergabe von kleinen und mittleren Betrieben (KMU) eine «institutionelle Diskriminierung» nachgewiesen. Die KMU orientieren sich nicht hauptsächlich an den Kompetenzen der einzelnen Bewerber/innen, massgeblich für die Nichberücksichtigung sei ene aufgrund von Vorbehalten angezweifelte «Betriebstauglichkeit». Dadurch werden ausländische Jugendliche, insbesondere solche aus Nicht-EU-Staaten wie dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, diskriminiert. Die Gründe für einen Entscheid seien eher emotionaler Natur als aufgrund von schulischen Leistungen: man befürchte, dass ausländische Jugendliche Konflikte und eine unerwünschte Klientel in den Betrieb hineintrage.
In grossen Unternehmen erfolgt die Auswahl in den meisten Fällen aufgrund von Bewerbung, Eignungstests und Assessment und ist deshalb unabhängiger von emotionalen Entscheiden.
Jungen ebenfalls benachteiligt
Auch männliche Jugendliche haben schlechtere Karten bei der Lehrstellensuche: Frauen wird häufiger der Zugang zu Männerberufen gewährt, umgekehrt haben es Jungen aber schwer in traditionellen Frauenberufen. Insbesondere in Arztpraxen wird befürchtet, dass die Knaben den Praxisbetrieb stören könnten.
Der Verfasser der Studie, Dr. Christian Imhof, betont jedoch, dass die «institutionelle Diskriminierung» nicht aus Böswilligkeit erfolge, sondern aus Sorge um das wirtschaftliche Überleben des Betriebs.
- Ausländische Jugendliche benachteiligt
Bund, 13. März 2007 (pdf, 1 S.) - Wirtschaftliche Interessen vor schulischen Kompetenzen
Schweizerischer Nationalfonds, Dr. Christian Imhof, 13. März 2007 (online nicht mehr verfügbar)
Starke Diskriminierung jugendlicher «Secondos» bei der Stellensuche
(Ergänzender Artikel vom 07.12.2003)
Es ist nicht von Vorteil, auf Stellensuche in der Schweiz Türke oder albanischsprechender Jugoslawe (aus dem Kosovo) zu sein – selbst wenn man Inhaber einer C-Bewilligung ist. In Konkurrenz mit einem jungen Schweizer, der dieselbe Schulbank gedrückt und dieselbe Lehre erfolgreich absolviert hat, haben eingewanderte Kandidaten weniger Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden. 24% der albanischsprechenden Jugoslawen werden in der Westschweiz auf ihrer Stellensuche diskriminiert; in der Deutschschweiz sind es gar 59% sowie 30% unter den jungen Türken. Diese Prozentsätze sind bedeutend höher als die aus anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel Deutschland. Jugendliche mit Migrationshintergrund, die nicht aus der Europäischen Union stammen, werden trotz gleicher Fähigkeiten und identischem Curriculum klar benachteiligt.
Dies belegt diese wissenschaftliche Untersuchung, finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) im Rahmen des NFP 43. Sie wurde durchgeführt von Rosita Fibbi und Bülent Kaya vom Schweizerischen Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM) sowie von Etienne Piguet, Professor an der Universität Neuenburg. Die Studie, die zwischen 2002 und 2003 realisiert wurde, beruht auf der semiexperimentellen Methode, die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bereits in einer Reihe europäischer Länder angewandt worden ist. Die Forscher und Forscherinnen haben mit fiktiven Bewerbungen auf reelle Stellenangebote in der Presse geantwortet. Sie haben sodann die Antworten auf eine Schweizer Kandidatur mit jenen verglichen, die auf Bewerbungen jugendlicher Secondos erfolgt waren.
- Le passeport ou le diplôme? Etude des discriminations à l'embauche des jeunes issus de la migration
Bericht von R. Fibbi, B. Kaya und E. Piguet (auf französisch, pdf, 64 S.)