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Schutz von Hausangestellten in der Schweiz: ILO-Abkommen Nr. 189 ist in Kraft

12.01.2016

Die ILO-Konvention Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte schützt die Minimalrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in privaten Haushalten. Weltweit arbeiten über 50 Millionen Personen als Hausangestellte, davon sind 83 Prozent Frauen. Bisher haben 22 Staaten das Übereinkommen, das seit September 2013 in Kraft ist, ratifiziert (Stand: 12. Jan. 2016; aktueller Stand).

Seit dem 12. November 2015 schützt die Konvention nun auch Hausangestellte in der Schweiz. Der Bund hat sich damit verpflichtet, in regelmässigen Abständen über den Schutz von Hausangestellten Rechenschaft abzulegen, erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens.

Arbeitsrechtliche Gleichstellung für Hausangestellte gefordert

Mit einem Aufruf fordern nun 200 Organisationen und Personen die Schweizer Behörden auf, das Abkommen schnell umzusetzen. Über 100‘000 Personen seien in der Schweiz in privaten Haushalten tätig, steht im Aufruf, den Wide Schweiz (Women in Development) und die nationale Plattform zu den Sans Papiers lanciert haben. Der Aufruf erwähnt, dass davon mindestens 40‘000 Personen über keinen geregelten Aufenthalt verfügen, sie sind Sans Papiers. Ihr rechtlicher Schutz sei kaum vorhanden.

In der Medienmitteilung schreiben Wide und die Sans-Papier-Plattform: «Das Übereinkommen verlangt, dass die Hausangestellten arbeitsrechtlich mit allen anderen Angestellten gleichgestellt werden und ihre Lage punkto Entlohnung, Arbeitszeit, soziale Sicherheit und gesunde Arbeitsbedingungen verbessert und die Angestellten vor Missbrauch, Belästigung und Gewalt geschützt werden.» Im Aufruf sind unter anderem folgende Forderungen formuliert: unkompliziert erlangbare Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen, sicheren und vereinfachten Zugang zu den Sozialversicherungen und zu Arbeitsgerichten sowie verbesserte Beratungs- und Unterstützungsangebote für alle Hausangestellten und Betreuer/innen, insbesondere für Sans-Papiers.

Rückblick auf die Parlamentsdebatte

Der Bund hat das Abkommen ratifiziert, ohne gesetzliche Änderungen vorzunehmen. Im Parlament war die Ratifizierung dennoch teilweise umstritten. Im Ständerat passierte sie problemlos, in der Nationalratsdebatte im Sommer 2014 erwuchs jedoch Widerstand.

Das Abkommen enthalte Bestimmungen betreffend Lebens- und Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Vergütung, Sicherheit und Gesundheit, sagte Maja Ingold (CE, ZH), Sprecherin der nationalrätlichen Kommission im Namen der Kommissionsmehrheit. Die Normen seien ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der sozialen und wirtschaftlichen Verwundbarkeit der Hausangestellten, förderten die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und die Verringerung der Einkommensunterschiede. Die Ratifikation setze ein Zeichen der internationalen Solidarität, und reihe sich in die Bemühungen des Bundes und der Kantone ein, dieser Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verstärkte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Auswirkungen auf Gesundheitspersonal befürchtet

Eine Minderheit der Kommission sprach sich gegen die Ratifizierung aus. Es bestehe kein Handlungsbedarf und es wäre das erste Mal, dass die Schweiz mit Schutzbestimmungen auf eine spezielle Erwerbsgruppe eingehe, sagte Roland Borer (SO/SVP). Deshalb sei von einer Ratifizierung abzusehen. Daniel Stolz (FDP/BS), der namens der FDP im Rat für ein Nichteintreten warb, gab seiner Befürchtung Ausdruck, dass das Abkommen negative Auswirkungen auf die sogenannte Care-Migration habe. Diese Form der Migration darf offenbar nach Ansicht der FDP keinesfalls stärker reguliert werden.

Die Ratifikation sei ohne gesetzliche Anpassung möglich, bekräftigte Bundesrat Johann Schneider-Ammann im Nationalrat. Sie werde auch nichts an den gesetzlichen Regelungen der Arbeitsbedingungen für Care-Migrantinnen ändern. Er wies weiter darauf hin, dass sich in der Vernehmlassung, welche der Bund zum ILO-Abkommen 189 durchgeführt hatte, alle Kantone für die Ratifizierung ausgesprochen hatten. Gegen einen Beitritt habe sich einzig der Arbeitgeberverband eingesetzt.

Der Nationalrat befürwortete die Ratifizierung schliesslich mit 99 Ja- gegen 82 Nein-Stimmen (bei 2 Enthaltungen). In der Schlussabstimmung passierte die Vorlage deutlicher (114 zu 83 Stimmen und 40 zu 0 Stimmen).

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