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Der Beitrag von Archivaren/-innen zum Schutz der Menschenrechte

06.06.2012

Die Arbeit von Archivaren/-innen wird im Zusammenhang der Menschenrechte vor allem für die Vergangenheitsbewältigung geschätzt. Die NGO «International Council on Archives» (ICA) zeigt nun anhand von Berichten zu Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) auf, dass Archivare mit ihrer Arbeit grundsätzlich Menschenrechte beschützen und ermöglichen. So pflegen sie zum Beispiel die Geburtenregister, welche die Grundlage für die Ausübung weiterer Rechte bilden.

Die AEMR durch die Brille der Archivare

Archivare/-innen üben ihre Tätigkeit meist jenseits der Öffentlichkeit aus. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ihre Arbeit von grosser Bedeutung ist. Den Fokus jedoch nur auf die Aufbereitungen für die Vergangenheitsbewältigung zu setzen, wäre zu kurz gegriffen.

Trudy Huskamp Peterson vom ICA zeigt in einer Aufsatzreihe eindrücklich auf, dass Archivare/-innen durch ihre Arbeit Menschenrechte beschützen. Sie ist eine Spezialistin auf diesem Gebiet und bewertet regelmässig Archivbestände in Risikoländern. Sie verfasste den Bericht «Final Acts: A Guide to Preserving the Records of Truth Commissions», in welchem sie unter anderem ein Set von Fragen präsentiert, mit welchen die Archive von einer Wahrheitskommission beurteilt werden können. Sie ist ausserdem als Präsidentin der Arbeitsgruppe «Menschenrechte» der NGO «International Council on Archives» (ICA) tätig, welche sich seit 60 Jahren für die gute Verwaltung von Archiven und den physischen Schutz des aufgezeichneten Kulturerbes einsetzt.

Für ICA verfasst Huskamp monatlich einen Bericht, der jeweils eine Analyse eines Artikels der AEMR enthält und diesen in einen archivischen Zusammenhang stellt. Der zweite Teil des Berichts besteht aus Beispielen einzelner Länder und Themen, wie die Tätigkeit der Archive eine Wirkung auf die Menschenrechte oder die diesbezügliche Gesetzgebunge haben können. Publiziert wird der englische Bericht auf den Internetseiten des ICA und der UNESCO.

Die hervorragende Qualität dieser Berichte hat den «Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA)» dazu bewogen, mit der Übersetzung ins Französische zu beginnen. Die französischen Berichte sind nun bis zum Artikel 9 der AEMR auf ihrer Internetseite zugänglich und werden in ihren Newslettern weiterverbreitet. Zurzeit sind die Berichte leider nicht auf Deutsch verfügbar.

Das Geburtenregister als Grundlage für weitere Rechte

Betrachtet man Artikel 1 der AEMR «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.», so scheint auf den ersten Blick nicht klar, inwiefern Archive dazu beitragen können, dass alle Menschen das gleiche Recht auf Freiheit und die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten erhalten.

Hierfür zieht die Autorin das Beispiel der Geburtenregister heran. Die Aufzeichnung der Geburt stellt den ersten Schritt in der Bildung einer Identität dar und stabilisiert sie. Diese Dokumentation ist der Grundstein für weitere grundlegende Rechte, welche einem Individuum zustehen: das Recht auf eine Staatsbürgerschaft, auf eine amtliche Identität, auf einen Familiennamen mit den daran geknüpften Rechten wie das Recht zu wählen, das Recht zu erben etc.

Der Fall Haiti

Anhand des Beispiels Haiti zeigt Huskamp auf, wie schwierig es ist, plötzlich ohne Dokumente dazustehen. Viele Personen haben in Folge des Erdbebens 2010 ihre Identitätskarten und Pässe verloren. Die Gebäude, in welchen die offiziellen Dokumente aufbewahrt wurden, wurden ebenfalls zerstört. Dadurch sind nun keine Aufzeichnungen mehr vorhanden. Die Identität vieler Weisenkinder wird niemals restlos geklärt werden können. Die Regierung muss das ganze System der Identitätsdokumente neu aufbauen.

Dokumentation