23.04.2020
Diese Bestimmungen sind hauptsächlich dazu da, Lohndumping zu verhindern. Art. 9 Abs. 1 Anhang I FZA sieht vor, dass Schweizer Arbeitgebende und Arbeitnehmende aus EU und EFTA Staaten in Bezug auf «Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls arbeitslos geworden, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung» gleich zu behandeln sind wie Schweizer Arbeitnehmende. Diskriminierende Bestimmungen über die Entlöhnung und übrige Arbeits- und Kündigungsbedingungen sind nichtig und werden durch gesetzliche Bestimmungen ersetzt.
Ein in diesem Zusammenhang bemerkenswertes Urteil ist dasjenige des Bundesgerichts 4A_593/2009 vom 5. März 2010. Es handelte sich dabei um einen Maurer aus Deutschland, der in Anwendung des Landesmantelvertrages für das Baugewerbe – ein vom Bundesrat genehmigter Vertrag – in die Lohnklasse C eingeteilt wurde. Der Arbeitnehmer reichte eine Lohnklage ein: Er sei rückwirkend in die Lohnklasse Q einzuteilen. Diese Einteilung setzt einen anerkannten Fachausweis und eine mindestens dreijährige Tätigkeit auf einer schweizerischen Baustelle voraus. Das Glarner Obergericht und das Bundesgericht stützten die Auffassung, dass das Kriterium «schweizerische Baustelle» eine indirekte Diskriminierung von EU-ausländischen Arbeitnehmern zur Folge habe. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den nichtdiskriminierenden höheren Lohn wurde dementsprechend bejaht.
Aus Art. 22 AuG und Art. 22 VZAE ergibt sich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, ausländischen Arbeitnehmenden den orts- und branchenüblichen Lohn zu gewähren.
Auch im Entsendegesetz, welches als Teil der sogenannten flankierenden Massnahmen zum FZA erlassen wurde, wird festgehalten, dass den entsandten Arbeitnehmenden minimale Arbeits- und Lohnbedingungen garantiert sind. Dazu gehören insbesondere auch die Bestimmungen in Gesetzen, Verordnungen und allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen im Bereich der «Nichtdiskriminierung, namentlich der Gleichstellung von Mann und Frau» (Art. 2 Abs. 1 lit. f EntsG).
Eine oft behandelte Frage betrifft die Entlöhnung von Grenzgängern aus den umliegenden EU-Ländern in Euro. Das ist nicht grundsätzlich verboten, solange dies im Arbeitsvertrag so abgemacht ist und der EU/EFTA Bürger gegenüber den Schweizer Arbeitnehmern nicht schlechtergestellt wird.
Der Kurs von Euro und Schweizer Franken ist oft Schwankungen ausgesetzt. Dies kann dazu führen, dass Grenzgänger schlechter bezahlt werden als ihre Schweizer Kollegen, was gemäss Art. 2 FZA verboten ist.