Im Lichte der Präambel der Bundesverfassung, im Bestreben um gleiche Freiheit aller Menschen, sowie in Solidarität und Verantwortung gegenüber der Welt und künftiger Generationen, beschliesst die Bundesversammlung gestützt auf die internationalen Menschenrechtsabkommen sowie Artikel 8 Absatz 2 der Bundesverfassung: «Diskriminierung ist verboten. Die Gesetze sehen Massnahmen zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung in allen Lebensbereichen vor», das Bundesgesetz über den Rahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe (Antidiskriminierungs- und Teilhabegesetz, ADTG):
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
1 Dieses Gesetz bezweckt die rechtliche und tatsächliche Verwirklichung der Rechtsgleichheit und soll individuelle, institutionelle und strukturelle Diskriminierung verhindern, verringern und beseitigen. Es bildet den Rahmen für weiterführende gesetzliche Regelungen und administrative Massnahmen, welche das Diskriminierungsverbot mit Blick auf alle betroffenen Gruppen, Lebensbereiche und Probleme konkretisieren.
2 Das Gesetz setzt Rahmenbedingungen, die eine Kultur der Teilhabe, Wertschätzung und Vielfalt fördern, die es Menschen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben chancengleich teilzunehmen sowie Demokratie, Rechtsstaat, Wohlstand und Sicherheit stärken.
3 Der Bundesrat regelt die Details des Gesetzes auf Verordnungsebene.
Art. 2 Diskriminierungsverbot
1 Jede Form von Diskriminierung ist verboten wie unter anderem aufgrund des fehlenden Anwesenheitsrechts, des Aufenthaltstitels, der sozialen Stellung, des Geschlechts, der Schwangerschaft, Mutterschaft oder Vaterschaft, des Zivilstandes, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion, Weltanschauung und politischen Überzeugung, der Sprache, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, einer genetischen Disposition, des Lebensalters und der Zugehörigkeit zu einer Generation, der sexuellen Orientierung, des Körpergewichts und der reisenden Lebensform.
2 Eine Diskriminierung kann natürliche und juristische Personen treffen. Bei einer juristischen Person besteht die Diskriminierung in einer Benachteiligung, weil die juristische Person sich für die Interessen von Personengruppen einsetzt, die in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Realität Diskriminierungen Sinne von Absatz 1 ausgesetzt sind.
3 Eine Diskriminierung kann sich auf individuelle und institutionelle Weise manifestieren und ist auf ungeschriebene und geschriebene Normen und Werte zurückzuführen, mit denen Menschengruppen stigmatisiert, ihnen Rollen zugewiesen und dadurch ihre Selbstbestimmung und Teilhabe beeinträchtigt werden (strukturelle Diskriminierung).
4 Eine individuelle Diskriminierung liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person eine Herabsetzung oder einen anderweitigen Nachteil im Sinne von Artikel 5 dieses Gesetzes erfährt.
5 Eine institutionelle Diskriminierung liegt vor, wenn eine Herabsetzung oder ein anderweitiger Nachteil im Sinne von Artikel 5 dieses Gesetzes auf Regeln, Aufbau, Abläufe und Prozesse einer Organisation zurückzuführen ist.
Art. 3 Geltungsbereich
1 Das Gesetz gilt für:
2 Soweit Bund, Kantone und Gemeinden unmittelbar oder mittelbar Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des Privatrechts halten oder erwerben, stellen sie sicher, dass die Regelungen dieses Gesetzes auch von diesen angewendet werden. Soweit sie Minderheitsbeteiligungen an juristischen Personen des Privatrechts halten oder erwerben, wirken sie darauf hin, dass die Regelungen dieses Gesetzes angewendet werden.
3 Die Kantone und Gemeinden sind dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Zuständigkeit und im Sinne der von der Schweiz ratifizierten internationalen Menschenrechtsverträge, von Artikel 8 der Bundesverfassung sowie dieses Gesetzes gesetzliche und administrative Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe zu ergreifen.
4 Dieses Gesetz steht weitergehenden, auf den Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden gesetzlich geregelten Verboten der Diskriminierung und Benachteiligung oder Geboten der Gleichbehandlung und Förderung der Teilhabe zu ihrer Um- und Durchsetzung bestehenden Vorschriften nicht entgegen.
Art. 4 Weiterführende Regelungen
Das Gesetz verpflichtet zum Erlass weiterführender Regelungen, die das Diskriminierungsverbot in Artikel 5 mit Blick auf jeden einzelnen in Artikel 2 Absatz 1 genannten Grund, spezielle Herausforderungen sowie einzelne Gruppen spezifisch betreffende Probleme effektiv konkretisieren, namentlich durch:
2. Abschnitt: Verletzungen des Diskriminierungsverbotes
Art. 5 Formen der Diskriminierung
1 Eine unmittelbare (direkte) Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung als eine Person in einer vergleichbaren Situation oder eine anderweitige Herabsetzung erfährt, erfahren hat oder erfahren würde und im Fall einer Ungleichbehandlung diese nicht nach Artikel 6 gerechtfertigt ist. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt ebenfalls vor, wenn die Person, die die Benachteiligung oder Herabsetzung begeht, das Vorliegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe nur annimmt.
2 Eine mittelbare (indirekte) Diskriminierung liegt vor, wenn Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die nicht an einen in Artikel 2 Absatz 1 genannten Grund anknüpfen, Personen wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen oder in ihrer Person herabsetzen, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind nach Artikel 6 gerechtfertigt.
3 Die Verweigerung einer angemessenen Vorkehrung ist eine Diskriminierung, wenn dadurch eine notwendige und geeignete Änderung und Anpassung verweigert wird, die keine unverhältnismässige Belastung darstellt und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich ist, vorgenommen wird, um zu gewährleisten, dass Menschen aufgrund eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründen rechtliche Ansprüche geniessen oder ausüben können.
4 Eine Belästigung ist eine Diskriminierung, wenn ein unerwünschtes Verhalten, das mit einem oder mehreren der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe in Zusammenhang steht, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird, insbesondere wenn es ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld schafft.
5 Eine Hassrede ist eine Diskriminierung, wenn durch eine Äusserung durch Rede, Geste oder jedes Benehmen durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde, Zeichen, Gestik, Mimik oder in anderer Weise eine Person, eine oder mehrere Gruppen aus einem oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründen diffamiert werden, ihnen unehrenhaftes Verhalten vorgeworfen wird oder feindliche Gefühle ihnen gegenüber geschürt werden.
6 Eine assoziierte Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person oder eine Personengruppe eine weniger günstige Behandlung im Sinne der Absätze 1–5 erfährt, weil eine mit ihr familiär, persönlich, beruflich oder anderweitig nahe verbundene Person tatsächlich oder zugeschrieben Trägerin eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Merkmale ist.
7 Eine Anweisung zur Diskriminierung einer Person ist eine Diskriminierung. Eine solche Anweisung liegt insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das eine andere Person wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe im Sinne der Absätze 1-6 diskriminiert oder diskriminieren kann.
8 Das Unterlassen, das eine der in den Absätzen 1–7 genannten Diskriminierung nicht beendet oder zu einer Diskriminierung führt, steht einem Tun gleich, sofern eine gesetzliche oder berufs- und branchenethische Pflicht zum Tätigwerden besteht.
Art. 6 Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen
1 Eine Ungleichbehandlung aufgrund eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe ist gerechtfertigt, wenn sie durch ein rechtmässiges Ziel sachlich begründet und verhältnismässig ist. Eine Herabsetzung der Person kann nicht gerechtfertigt werden.
2 Eine Ungleichbehandlung ist auch gerechtfertigt, wenn durch geeignete und angemessene Massnahmen bestehende Nachteile strukturell benachteiligter Personen wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe verhindert oder ausgeglichen werden sollen (Positive Massnahmen).
3 Erfolgt eine Ungleichbehandlung wegen mehrerer in Artikel 2 Absatz 1 erwähnten Gründe oder aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Gründe, ist diese nur gerechtfertigt, wenn sich die Rechtfertigung auf alle Gründe erstreckt, derentwegen die Ungleichbehandlung erfolgt.
Art. 7 Verbot von Rachemassnahmen
1 Eine Benachteiligung wegen der Inanspruchnahme von Rechten dieses Gesetzes oder wegen der Weigerung, eine gegen dieses Gesetz verstossende Anweisung auszuführen, ist verboten. Gleiches gilt für die Benachteiligung einer Person, die eine andere Person hierbei unterstützt oder als Zeug*in aussagt.
2 Die Zurückweisung oder Duldung diskriminierender Verhaltensweisen durch die betroffene Person darf nicht als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, die diese Person berührt.
3. Abschnitt: Rechtsschutz und Sanktionierung
Art. 8 Rechtsansprüche
1 Wer von einer Diskriminierung im Sinne von Artikel 5 und 7 betroffen ist oder wem eine solche droht, kann der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht beantragen:
a. eine drohende Diskriminierung zu verbieten oder zu unterlassen;
b. eine bestehende Diskriminierung zu beseitigen;
c. eine Diskriminierung festzustellen, wenn diese sich weiterhin störend auswirkt;
d. ihm*ihr gegenüber den durch die Diskriminierung entstandenen materiellen Schaden durch den*die Schädiger*in zu ersetzen;
e. ihm*ihr gegenüber den durch die Diskriminierung entstandenen immateriellen Schaden durch Geld oder in anderweitiger Form wiedergutzumachen.
2 Besteht eine Diskriminierung durch Belästigung oder Hassrede im Sinne von Artikel 5 Absätze 4 und 5 besteht zudem ein Anspruch auf Entschädigung gegenüber der in den Buchstaben a – c sowie e in Artikel 3 Absatz 1 und in den Absätzen 2-3 von Artikel 3 genannten Organisationen, wenn diese eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht zum Ergreifen von Massnahmen zur Verhinderung und Sanktionierung verletzt haben.
3 Die Verjährungsfrist für Ansprüche nach den Absätzen 1–2 beträgt ein Jahr.
4 Für die Ansprüche nach den Absätzen 1–2 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Art. 9 Verbandsklage/-beschwerde
1 Organisationen, die nach ihren Statuten eine oder mehrere in Artikel 2 Absatz 1 genannten Diskriminierungen bzw. in Artikel 5 und 7 genannten Diskriminierungsformen bekämpfen und seit mindestens 5 Jahren bestehen, können im eigenen Namen auf Verletzung des Diskriminierungsverbotes klagen oder Beschwerde einlegen, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Betroffenen auswirken wird oder eine über die individuelle Betroffenheit hinausgehende Bedeutung vorliegt.
2 Mit der Verbandsklage bzw. -beschwerde kann beantragt werden:
a. eine drohende Verletzung zu verbieten;
b. eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
c. die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.
3 Organisationen im Sinne von Absatz 1, die selbst nicht am Verfahren beteiligt sind, können auch an Stelle einer zur Klage bzw. Beschwerde befugten Person und mit ihrem Einvernehmen gerichtlichen Rechtsschutz im Sinne von Artikel 8 beantragen.
4 Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen in einer Verordnung.
5 Artikel 9 steht der Bestimmung in Artikel 89 (Verbandsklage) der Zivilprozessordnung nicht entgegen.
Art. 10 Beweiserleichterung
Werden Tatsachen glaubhaft gemacht, die das Vorliegen eines Verstosses gegen Artikel 5 und 7 wahrscheinlich machen, obliegt es der beklagten bzw. beschwerten natürlichen oder juristischen Person, den Verstoss zu widerlegen.
Art. 11 Schlichtungs- und Mediationsverfahren
1 Dem Entscheidungsverfahren nach diesem Gesetz geht ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus, ausser die klagende bzw. Beschwerde führende Partei verzichtet auf ein solches. Auf Antrag sämtlicher Parteien tritt eine Mediation an die Stelle des Schlichtungsverfahrens.
2 Die Schlichtungsbehörde ist organisatorisch in die Ombudsstelle gemäss Artikel 24 integriert und versucht in formloser Verhandlung, die Parteien zu versöhnen. Dient es der Beilegung des Streites, so können in einen Vergleich auch ausserhalb des Verfahrens liegende Streitfragen zwischen den Parteien einbezogen werden.
3 Die Schlichtungsbehörde muss divers zusammengesetzt sein, insbesondere nach Geschlecht, Herkunft, Lebensalter und sozioökonomischer Herkunft.
4 Anderslautende Bestimmungen nach einer Spezialregelung gemäss Artikel 4 gehen vor.
5 Im Übrigen gelten die Verfahrensbestimmungen nach Artikel 202-217 der Zivilprozessordnung.
Art. 12 Unentgeltlichkeit des Verfahrens
1 Die Verfahren nach den Artikeln 8 und 9 sind bis zur letzten Instanz unentgeltlich.
2 Einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, können Verfahrenskosten auferlegt werden.
Art. 13 Strafrechtliche Sanktionierung
1 Wer öffentlich zu Hass im Sinne von Artikel 5 Absatz 5 in einer Weise aufruft, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Gruppe im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 gerichtet ist, und wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2 Ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine Person oder eine Gruppe von Personen auf eine diskriminierende, gegen die individuelle oder kollektive Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt, sie verfolgt, belästigt oder bedroht.
3 Ferner wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer Massnahmen anbietet, bewirkt oder anwendet, die darauf zielen, zentrale Aspekte der Identität oder des Ausdrucks einer Person gegen ihren Willen zu verändern oder zu unterdrücken.
4 Ausserdem wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer wiederholt in diskriminierender Weise die Lieferung einer Sache oder einer Dienstleistung verweigert, und wer die Lieferung einer Sache oder einer Dienstleistung auf systematische Weise von einer diskriminierenden Bedingung abhängig macht.
5 Sodann wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlos oder zu rechtfertigen sucht.
6 Strafuntersuchungen im Sinne der Absätze 1–5 sind von Amtes wegen einzuleiten.
7 Es gelten die Regeln der schweizerischen Strafprozessordnung.
Art. 14 Anspruch auf unentgeltliche juristische und psychosoziale Beratung
1 Wer von einer Diskriminierung im Sinne von Artikel 5 und 7 betroffen ist oder wem eine solche droht, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtsberatung und psychosoziale Beratung bei dafür spezialisierten, vom Staat unabhängige Stellen.
2 Wer von einer Diskriminierung im Sinne von Art. 13 dieses Gesetzes betroffen ist, hat Anspruch auf Unterstützung nach dem Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten.
3 Der Bund ist verpflichtet, die für die Beratung erforderlichen finanziellen, personellen und fachlichen Mittel zu sichern.
4 Der Bundesrat bezeichnet die zur Beratung berechtigten Organisationen in einer Verordnung.
Art. 15 Untersuchung systemischer Diskriminierung von Amtes wegen
1 Besteht der Anschein, dass eine Organisation im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 eine Diskriminierung im Sinne von Artikel 5 begeht, die mehrere Personen betrifft oder auf Regeln, Aufbau, Abläufe und Prozesse im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 beruht, ist die zuständige Aufsichtsbehörde bzw. nächsthöhere Leitungsebene der betroffenen Organisation verpflichtet, von sich aus eine Untersuchung einzuleiten.
2 Die Pflicht zur Einleitung einer Untersuchung besteht auch bei Gutheissung einer Verbandsbeschwerde bzw. -klage gemäss Artikel 9 oder auf Antrag der Ombudsstelle gemäss Artikel 24.
3 Stellt die zuständige Behörde einen Verstoss im Sinne von Absatz 1 fest, verfügt sie:
a. die bestehende Diskriminierung zu beseitigen;
b. eine Diskriminierung festzustellen, wenn diese sich weiterhin störend auswirkt;
c. den diskriminierten Personen entstandenen materiellen Schaden durch den*die Schädiger*in zu ersetzen;
d. den diskriminierten Personen entstandenen immateriellen Schaden durch Geld oder in anderweitiger Form wiedergutzumachen;
e. Massnahmen gemäss Artikel 17 zu ergreifen.
4 Kommt die zuständige Behörde zum Schluss, dass ein Verstoss gegen Artikel 13 (Strafrechtliche Sanktionierung) nicht ausgeschlossen ist, ist sie verpflichtet, bei der zuständigen Strafuntersuchungsbehörde eine Anzeige zu erstatten.
5 Eine Untersuchung und Sanktionierung im Sinne der Absätze 1-4 stehen dem Rechtsweg gemäss Artikel 8-13 nicht entgegen.
4. Abschnitt: Beseitigung und Verhinderung struktureller Diskriminierung
Art. 16 Implementierung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung in sämtlichen Politikbereichen (Mainstreaming)
1 Die Behörden des Bundes sorgen im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Zuständigkeit in allen Politikbereichen dafür, dass die Perspektiven von Menschen, die Diskriminierung ausgesetzt sind, besonders berücksichtigt werden, indem sie:
a. die sozialen und wirtschaftlichen Kosten struktureller, institutioneller und diskursiver Diskriminierung im Sinne von Artikel 2 analysieren;
b. die Verteilung von sozialen, kulturellen, ökonomischen und symbolischen Ressourcen zwischen benachteiligten und bevorzugten Gruppen sichtbar machen;
c. sicherstellen, dass ihre legislativen und exekutiven Entscheidungen sowie Regeln, Aufbau, Abläufe und Prozesse ihrer Institutionen tatsächliche Diskriminierung verhindern, verringern und beseitigen.
2 Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten im Sinne von Artikel 54 der Bundesverfassung sorgen die Behörden dafür, dass die Perspektiven von Menschen, die im Ausland schwerwiegender und systematischer Diskriminierung ausgesetzt sind, besonders berücksichtigt werden, indem sie:
a. dazu beitragen, dass aussenpolitische Entscheidungen und die internationale Zusammenarbeit die Bekämpfung systematischer Menschenrechtsverletzungen durch Diskriminierung nicht gefährden;
b. Menschenrechtsverletzungen durch Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und systematische Diskriminierung durch Staaten im Rahmen von diplomatischen Kontakten und Vertragsverhandlungen politisch unmissverständlich verurteilen;
c. Sanktionen mittragen, die im Rahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union gegen Unrechtsregime aufgrund von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und systematischer Diskriminierung sowie anderweitiger systematischer Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten gesprochen werden;
d. internationale, nationale und ausländische Massnahmen und Initiativen zivilgesellschaftlicher Initiativen im Kampf gegen Diskriminierung finanziell unterstützen;
e. die Repräsentanz von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen in aussenpolitischen Entscheidungspositionen und Verhandlungen erhöhen.
3 Im Rahmen ihrer gesetzgebenden Zuständigkeit im Bereich des Migrationsrechts wie insbesondere in den Bereichen Aufenthalt und Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern im Sinne von Artikel 121-121a sowie Bürgerrecht stellen die Behörden innert 10 Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes sicher, dass Menschen:
a. die sich seit mindestens zehn Jahren ohne Anwesenheitsrecht in der Schweiz aufhalten automatisch die Aufenthaltsbewilligung erteilt wird;
b. ohne Schweizer Pass in ihrem Aufenthaltstitel nicht aus Gründen der Abhängigkeit von der Sozialhilfe oder wegen einer Straftat zurückgestuft werden oder ihnen das Aufenthaltsrecht entzogen wird;
c. die hier geboren sind, automatisch das Schweizer Bürgerrecht erlangen;
d. die hier seit 5 Jahren ihren Lebensmittelpunkt ein Anspruch auf Einbürgerung haben, wenn sie die Rechtsordnung einhalten, die innere und äussere Sicherheit nicht gefährden und über Grundkenntnisse einer Landesprache verfügen.
4 Im Rahmen seiner gesetzgebenden Zuständigkeit im Bereich der politischen Rechte im Sinne von Artikel 39 in Verbindung mit den Artikeln 136-142 BV stellt der Bund innert 10 Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes sicher, dass alle Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit, die das 16. Altersjahr zurückgelegt haben, sowie Menschen ohne Schweizer Pass, die seit 2 Jahren in der Schweiz mit Anwesenheitsrecht wohnhaft sind, die gleichen politischen Rechte haben.
Art. 17 Verhinderung und Beseitigung institutioneller Diskriminierung
1 Die Verhinderung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung ist durchgängiges Leitprinzip bei allen Massnahmen öffentlicher Stellen im Sinne von Artikel 3 Buchstaben a und b.
2 Die öffentlichen Stellen im Sinne von Artikel 3 Buchstaben a und b untersuchen bis spätestens 2 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes und danach alle fünf Jahre ihre Regeln, den Aufbau, die Abläufe und ihre Prozesse auf Diskriminierungsgefährdungen hin und implementieren geeignete Massnahmen zur Erreichung des Zwecks im Sinne von Artikel 1. Die Ergebnisse der Untersuchung inklusive der definierten Massnahmen müssen in einem öffentlich zugänglichen Bericht bis spätestens 4 Wochen nach Fertigstellung publiziert werden.
3 Die öffentlichen Stellen im Sinne von Artikel 3 Buchstaben a und b sorgen durch Fortbildungsangebote und Qualifizierungsmassnahmen dafür, dass ihre Mitarbeitenden die rechtlichen Grundlagen kennen und über die praktischen Hilfestellungen verfügen, die zur Umsetzung dieses Gesetzes notwendig sind. Für Angestellte in Vorgesetzten- und Leitungsfunktion ist die Teilnahme an Fortbildung und Qualifizierungsmassnahmen verpflichtend und die Umsetzung fliesst in die Beurteilung ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ein. Ziele, Zielgruppen, Inhalte, Durchführende und Evaluation der Fortbildungs- und Qualifizierungsmassnahmen müssen in einem öffentlich zugänglichen Bericht jährlich publiziert werden.
4 Die Erfüllung der Verpflichtungen nach Absätzen 1–3 ist besondere Aufgabe der Angestellten mit Vorgesetzten- und Leitungsfunktion und soll bei der Beurteilung ihrer Leistung einbezogen werden.
Art. 18 Massnahmen zur Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt im öffentlichen Raum und in der Verwaltung
1 Die Bund ergreift in Zusammenarbeit mit der Konferenz der Kantonsregierungen, dem schweizerischen Städteverband und dem schweizerischen Gemeindeverband gesamtschweizerisch Massnahmen zur Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt im öffentlichen Raum und in den Organisationseinheiten im Sinne der Buchstaben a und b von Artikel 3 sowie der Kantone und Gemeinden.
2 Ein Bericht zur Umsetzung der Massnahmen ist dem Bundesrat und dem Bundesparlament alle vier Jahre zur Kenntnis vorzulegen.
3 Strategien und Programme zur Herstellung und Durchsetzung von Chancengleichheit, Gleichheit von Frau und Mann, Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und anderen Formen der Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, die auf der Grundlage bestehender Gesetze im Sinne von Artikel 4 Buchstabe a ergriffen werden oder in der Zuständigkeit einzelner Bundes-, kantonaler oder kommunaler Verwaltungseinheiten liegen, werden durch die Massnahmen nicht berührt.
Art. 19 Berichterstattungspflicht privatrechtlicher Organisationen mit Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand
1 Bund, Kantone und Gemeinden stellen bei juristischen Personen des Privatrechts, an denen Bund, Kantone und Gemeinden Mehrheitsbeteiligungen haben, sicher, dass diese über die von ihnen durchgeführten und geplanten Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung angemessen Bericht erstatten.
2 Ausserdem stellen Bund, Kantone und Gemeinden im Rahmen des Polizei-, Subventions-, Leistungs- und Beschaffungsrechts sicher, dass die Organisationen über die von ihnen durchgeführten und geplanten Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung angemessen Bericht erstatten.
Art. 20 Recht auf unentgeltliche Überprüfung institutioneller Diskriminierungsrisiken
1 Private Organisationen mit weniger als 50 Angestellten oder einem Betriebsumsatz von weniger als 5 Mio. Schweizer Franken haben ein einmaliges Recht auf unentgeltliche Überprüfung von Regeln, Aufbau, Abläufen und Prozessen auf tatsächliche und potenziell diskriminierende Effekte.
2 Unabhängig vom Ergebnis der Überprüfung bleibt die Verantwortung für die Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz vollumfänglich bei der Organisation, die sich beraten lässt.
Art. 21 Programme und Förderung von Nichtdiskriminierung und Vielfalt
1 Der Bund ist verpflichtet, Programme mit thematischen Schwerpunkten zur Förderung einer Kultur der Nichtdiskriminierung, Wertschätzung und Vielfalt durchzuführen.
2 Der Bund gewährt gemeinnützigen privaten Organisationen finanzielle und fachliche Unterstützung für Projekte zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Vielfalt.
Art. 22 Schutz vor algorithmischer Diskriminierung
1 Der Bundesrat trägt im Rahmen seiner Zuständigkeit dazu bei, dass der Einsatz von Systemen der Künstlichen Intelligenz und algorithmische Systeme nicht zu einer Diskriminierung von natürlichen und juristischen Personen führt, indem er:
a. ein Verzeichnis von algorithmischen Systemen führt, die dafür eingesetzt werden, voll- oder teilautomatisierte Entscheidungen zu beeinflussen oder um Inhalte zu generieren, die Entscheidungen von oder über Menschen beeinflussen;
b. vor oder bei Einführung neuer algorithmischer Systeme zur voll- und teilautomatisierten Entscheidungsfindung deren Auswirkungen auf Menschen und die Gesellschaft einer Folgenabschätzung unterzieht, in der:
i. Risiken für Grund- und Menschenrechte, inklusive potenziell diskriminierende Folgen, eingeschätzt werden;
ii. Massnahmen zur Reduktion dieser grund- und menschenrechtlichen Risiken ergriffen werden;
iii. die Resultate dieser Folgenabschätzung in angemessener Form veröffentlicht werden.
c. gegenüber staatlichen Organisationen Kontrollen zum Einsatz von Systemen der Künstlichen Intelligenz und auf Algorithmen beruhende voll- und teilautomatisierte Entscheidungen durchführt;
d. gegenüber privaten Organisationen bei begründetem Verdacht auf vorliegende Diskriminierungen durch Systeme der Künstlichen Intelligenz und auf Algorithmen beruhende voll- und teilautomatisierte Entscheidungssysteme sowie in besonders sensitiven Bereichen, in denen die Systeme eingesetzt werden, Kontrollen durchführt und Einsicht in die Dokumentation gemäss Absatz 2 nehmen kann;
e. dafür sorgt, dass von teil- oder vollautomatisierten Entscheidungen algorithmischer Systeme betroffene natürliche oder juristische Personen:
i. über den Einsatz des Systems informiert werden;
ii. das Recht auf eine Erklärung über die Funktionsweise des Systems erhalten;
iii. über Einsprache- und Beschwerdemöglichkeiten informiert werden.
f. dafür sorgt, dass natürliche und juristische Personen das Recht haben, sich einer teil- oder vollautomatisierten Entscheidung zu entziehen, wenn diese mit grundrechtlichen Risiken oder mit einer substanziellen Rechtsfolge einhergeht, und an deren Stelle eine Überprüfung durch einen Menschen zu verlangen;
g. bei der Umsetzung der Massnahmen in diesem Artikel der strukturellen Wirkung der algorithmischen Diskriminierung und dem Risiko der Diskriminierung anhand von Proxy-Variablen Rechnung trägt;
h. die für die Umsetzung der Verpflichtungen notwendigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen erlässt.
2 Private und Organisationen des Gemeinwesens sind verpflichtet, beim Einsatz von Systemen teil- und vollautomatisierter Entscheidungen mit Auswirkungen auf natürliche Personen eine Folgenabschätzung durchzuführen und, sollten sich grund- und menschenrechtliche Risiken zeigen, angemessene Massnahmen zu ergreifen, um die Risiken zu minimieren. Auf Anfrage ist der Aufsichtsbehörde die Dokumentation der Folgenabschätzung vorzulegen. In sensitiven Bereichen müssen die Ergebnisse der Folgenabschätzung in angemessener Form veröffentlicht werden.
3 Der Bundesrat setzt eine unabhängige Stelle ein, die für die Überwachung und Umsetzung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verpflichtungen zuständig ist.
5. Abschnitt: Institutionelle Vorkehrungen
Art. 23 Bundesamt zur Bekämpfung von Diskriminierung
1 Der Bundesrat schafft ein im Eidgenössischen Departement des Innern EDI angesiedeltes Bundesamt zur Bekämpfung von Diskriminierung. Dieses fördert insbesondere:
a. die Information über die rechtlichen Grundlagen zur Bekämpfung von Diskriminierung;
b. die Massnahmen im Sinne von Artikel 18 Absatz 1;
c. die Sensibilisierung für die von Diskriminierung ausgehenden Gefahren;
d. die Erarbeitung von Vorschlägen für Präventions- und Interventionsmassnahmen sowie Massnahmen zur Weiterentwicklung von Antidiskriminierungsrecht und dessen Umsetzung;
e. die Programme und Förderung nach Artikel 21;
f. die Analyse und Untersuchungen gemäss Artikel 16 Absatz 1 im Bereich der Bekämpfung von Diskriminierung;
g. die Koordination der Tätigkeiten der auf diesem Gebiet tätigen öffentlichen Einrichtungen von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie privaten Einrichtungen;
h. die Vorbereitung des Berichts im Sinne von Artikel 18 Absatz 2.
2 Das Bundesamt unterhält eine Fachabteilung «Mainstreaming», deren Aufgabe es ist, das eidgenössische Parlament und die Verwaltungseinheiten im Sinne von Artikel 16 und 17 zu beraten. Die parlamentarischen Kommissionen und Verwaltungseinheiten sind verpflichtet, die Fachabteilung zu laufenden Projekten zu konsultieren und unterhalten zu diesem Zweck spezialisiertes Fachpersonal.
3 Das Bundesamt unterhält eine dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA unterstellte Fachabteilung «Aussenpolitik», deren Aufgabe es ist, die Verwaltungseinheiten, die für aussenpolitische Angelegenheiten zuständig sind, im Sinne von Artikel 16 Absatz 2 zu beraten. Die entsprechenden Verwaltungseinheiten sind verpflichtet, die Fachabteilung zu laufenden Projekten zu konsultieren.
4 Die Arbeit des Bundesamtes steht anderen Bundes-, kantonalen und kommunalen Fachstellen zur Gleichstellung, Bekämpfung von Diskriminierung und Benachteiligung sowie zur Förderung der Menschenrechte nicht entgehen, sondern ergänzt sie. Es ergreift geeignete Kooperationsmassnahmen, um die Umsetzung des vorliegenden Gesetzes effektiv zu fördern
5 Nach einer Übergangszeit von 2 Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes werden das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG, das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB und die Fachstelle für Rassismusbekämpfung FRB als eigenständige Abteilungen in das Bundesamt überführt.
Art. 24 Ombudsstelle
1 Der Bundesrat schafft eine Ombudsstelle zum Schutz vor Diskriminierung.
2 Die Ombudsstelle unterstützt Personen, die sich an sie wenden, durch Information und Beratung bei der Durchsetzung ihrer Rechte nach diesem Gesetz.
3 Ebenfalls an die Ombudsstelle wenden können sich zivilgesellschaftliche Organisationen mit Sitz in der Schweiz, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte im Sinne von Artikel 16 Absatz 2 einsetzen.
4 Zu den Befugnissen der Ombudsstelle gehören:
a. die gütliche Beilegung von Streitigkeiten im Sinne von Art. 11 dieses Gesetzes;
b. die Beiziehung von Sachverständigen und Einholung von Gutachten;
c. die Weitervermittlung von Beschwerden und die Abgabe von Handlungsempfehlungen;
d. die Erstattung von Anzeigen wegen mutmasslichen Verstössen gegen Artikel 13.
5 Die in den Buchstaben a und b von Artikel 3 genannten öffentlichen Stellen sind verpflichtet, die Ombudsstelle bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie erbetene Stellungnahmen abzugeben. Der Ombudsstelle ist auf Antrag Einsicht in Akten zu gewähren, soweit nicht im Einzelfall wichtige überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen.
6 Stellt die Ombudsstelle nach hinreichender Aufklärung des Sachverhalts und nach erfolglosem Versuch einer gütlichen Streitbeilegung einen Verstoss gegen dieses Gesetz fest, beanstandet sie diesen gegenüber der öffentlichen Stelle im Sinne der Buchstaben a und b von Artikel 3 und fordert diese zur Abhilfe auf.
7 Die Ombudsstelle unterliegt keinen Weisungen und darf wegen der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht benachteiligt werden. Sie gewährleistet die Vertraulichkeit der Informationen, von denen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis erhält.
8 Die Arbeit der Ombudsstelle steht kantonalen und kommunalen Ombudsstellen nicht entgehen, sondern ergänzt sie. Damit die Zusammenarbeit effektiv funktioniert, ergreift die Ombudsstelle geeignete Kooperationsmassnahmen.
9 Die Ombudsstelle unterhält eine unabhängige Fachstelle, deren Aufgabe es ist, Beratungsstellen nach Artikel 14 dieses Gesetzes und Opferberatungsstellen auf Anfrage unentgeltlich Auskünfte zur Gesetzeslage und Rechtsprechung nach diesem Gesetz zu erteilen.
10 Die Ombudsstelle legt dem Bundesparlament jährlich einen Geschäftsbericht zur Kenntnis vor.
Art. 25 Eidgenössische Kommissionen gegen Diskriminierung
1 Der Bundesrat setzt zusätzlich zu den bestehenden ausserparlamentarischen Kommissionen wie namentlich die Eidgenössischen Kommissionen gegen Rassismus EKR, für Frauenfragen EKF, für Kinder und Jugendfragen EKKJ und die Migrationskommission EKM folgende Kommissionen ein:
a. Eidgenössische Kommission für Fragen zu LGBTQIA+;
b. Eidgenössische Kommission für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, mit chronischen Krankheiten, genetischen Dispositionen und aufgrund des Körpergewichts;
c. Eidgenössische Kommission zur Bekämpfung von Altersdiskriminierung;
d. Eidgenössische Kommission zur Bekämpfung von Armutsdiskriminierung.
2 Die Eidgenössischen Kommissionen sind unabhängig in ihrer Tätigkeit und haben insbesondere folgende Aufgaben:
a. Sie analysieren gesellschaftlich verbreitete und neue Formen von Diskriminierung im Sinne von Artikel 2 dieses Gesetzes und erarbeiten dazu Vorschläge und Empfehlungen zu Massnahmen gegen Diskriminierung;
b. sie nehmen im Rahmen der Länderberichterstattung der Schweiz gegenüber den Menschenrechtsvertragsorganen Stellung.
3 Die Eidgenössischen Kommissionen ergreifen Massnahmen zur Kooperation ihrer Tätigkeiten insbesondere zur Bekämpfung von:
a. algorithmischer Diskriminierung;
b. mehrdimensionaler Diskriminierung;
c. neuen Formen von Diskriminierung.
Art. 26 Monitoring und Evaluation durch die schweizerische Menschenrechtsinstitution
1 Der Bundesrat erteilt der Schweizerischen Menschenrechtsinstitution SMRI ein Mandat zur dauerhaften und fortlaufenden Überwachung der Verbreitung von Diskriminierung, ihren Erscheinungsformen sowie der Wirkung von Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen im Sinne dieses Gesetzes.
2 Die SMRI veröffentlicht dazu jährlich einen Bericht.
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 27 Änderungen bisherigen Rechts
Die Änderungen bisherigen Rechts werden im Anhang geregelt.
Art. 28 Übersetzung
Der Bundesrat sorgt dafür, dass dieses Gesetz, seine dazugehörenden Verordnungen, weiterführende Spezialgesetze im Sinne von Artikel 4 Buchstabe a sowie die Änderungen bisherigen Rechts gemäss Artikel 27 spätestens mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in alle in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik gesprochenen Hauptsprachen sowie in leichter Sprache vorliegen.
Art. 29 Evaluation dieses Gesetzes
1 Der Bundesrat sorgt für die Evaluation der Wirksamkeit dieses Gesetzes, seine dazugehörenden Verordnungen sowie weiterführende Spezialgesetze im Sinne von Artikel 4.
2 Er legt den ersten Evaluationsbericht spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vor und danach alle fünf Jahre.
Art. 30 Referendum und Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.