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Schweizer Menschenrechtspolitik für Personen im Alter

30.08.2016

Bund

Für die Schweiz hat der Bundesrat im Jahr 2007 in einem Bericht die Situation älterer Menschen untersucht und dabei teilweise auch den Schutz der Menschenrechte älterer Personen beurteilt. Gestützt darauf hat er seine Alterspolitik in einer Strategieplanung festgelegt. Diese Planung betrifft nicht nur die Ebene des Bundes, sondern bindet grundsätzlich auch die Kantone und die Gemeinden mit ein. Nebst Themen wie Gesundheit und finanzielle Sicherheit legt der Bericht auch Ziele zum Übergang in den Ruhestand und zur Partizipation der älteren Generation an der Gesellschaft fest.

Kantone

Auf der Ebene der Kantone gestaltet sich die Situation uneinheitlich. Während einzelne Kantone schon seit langem eine eigene Altersstrategie entwickelt haben und dort implizit auch den Menschenrechtsschutz von älteren Personen abdecken, haben andere diesbezüglich noch einigen Nachholbedarf. Eine Studie, welche aufgrund der Strategieplanung des Bundesrats durchgeführt wurde, setzt sich detailliert mit den einzelnen Alterskonzepten der Kantone auseinander.

Grundrechtskatalog für ältere Menschen

Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) befasst sich im Rahmen seines Schwerpunktthemas «Rechte besonders verletzlicher Gruppen in der Praxis» mit der Menschenrechtssituation älterer Personen in der Schweiz.

Im Dezember 2017 veröffentlichte das SKMR einen Grundrechtskatalog für ältere Menschen in der Schweiz. Ziel dieser Broschüre ist es, zu erläutern, was einige ausgewählte Grundrechte der Bundesverfassung und der internationalen Menschenrechtsabkommen speziell für ältere Menschen bedeuten und was für konkrete Probleme sich in diesem Zusammenhang stellen können. Das Ganze ist als Gedankenanstoss zu verstehen; Lösungen für die Fallbeispiele werden keine geboten. Die Broschüre ist ansprechend gestaltet und gut lesbar. Als Ergänzung zu diesem Grundrechtskatalog hat das SKMR die in diesem Bereich besonders relevanten Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in einem Factsheet zusammengetragen. Dabei weist es jeweils auf relevante Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hin.

Eine im Juli 2017 publizierte Studie des SKMR, welche die wichtigsten Probleme der Menschenrechtssituation von älteren Menschen in der Schweiz zusammenträgt, diente als Grundlage für die Entwicklung von praxisorientierten Sensibilisierungsinstrumenten.

Wichtige Gesetze und Regelungen in der Schweiz

In der Schweiz wird den materiellen Schutzbedürfnissen älterer Menschen durch die Sozialversicherungen Rechnung getragen. Der Anspruch auf soziale Sicherheit älterer Menschen ist in der Regel durch die Gesetzgebung zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie die 2. Säule (Bundesgesetz über die Berufliche Vorsorge, BVG) gewährleistet. Für Fälle, welche keinen Anspruch auf Leistungen der AHV haben, besteht in der Schweiz subsidiär der Anspruch auf Sozialhilfe, welcher sich aus Art. 12 der Bundesverfassung (Recht auf Hilfe in Notlagen) ergibt. Die Sozialhilfe ist mangels expliziter Bundeskompetenz Aufgabe der Kantone und wird jeweils durch kantonale Sozialhilfegesetze geregelt.

Das Recht auf Gesundheit ist abgesichert durch die obligatorische Krankenversicherung. In der Schweiz ist in diesem Zusammenhang das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) von 1994 elementar. Die Grundversicherung ist obligatorisch und soll eine flächendeckende Gesundheitsversorgung garantieren. Eine Krankenkasse darf keiner Person die Aufnahme in die Grundversicherung verweigern oder ihr die Grundversicherung künden. Der Versicherte seinerseits kann die Grundversicherung ebenfalls nicht auflösen, er kann lediglich den Schutz von einer Krankenkasse zu einer anderen verlegen.

Gewalt und Misshandlung von alten Menschen in der Schweiz

Die unabhängige Beschwerdestelle für das Alter schätzt, dass in der Schweiz zwischen fünf bis zehn Prozent aller Betagten - das sind etwa 50'000 Menschen - physisch oder psychisch misshandelt werden.

Zu Gewalt und Zwang greifen Betreuer/innen wohl vor allem aus Überforderung. Die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege sind häufig nicht gut. Die physischen und psychischen Belastungen in diesem Beruf sind hoch, werden jedoch nur gering entlöhnt. Aus finanziellen Gründen wird Personal eingespart oder es wird weniger gut ausgebildetes Personal eingesetzt. Die Problematik dürfte sich noch zuspitzen. Gemäss dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) müssten jährlich etwa 5‘000 Personen mehr ausgebildet werden, um den Bedarf an Pflegefachkräften zu decken.

Rechtlicher Schutz vor Altersdiskriminierung in der Schweiz

Das Diskriminierungsverbot ist in der Bundesverfassung festgehalten (Art. 8 BV) und schliesst ältere Menschen explizit mit ein. Bei der Konkretisierung auf Gesetzesebene wird diese Bevölkerungsgruppe vor Diskriminierung jedoch nicht explizit geschützt.

Altersdiskriminierung liegt dann vor, wenn Menschen verschiedenen Alters in vergleichbaren Situationen ohne sachliche Gründe unterschiedlich behandelt werden, mit dem Resultat, dass ihnen Leistungen, Zugänge und Rechte verweigert werden. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Diskriminierung. Erstere liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihres Alters ausgeschlossen wird, etwa bei Alterslimiten für öffentliche Ämter. Um eine indirekte Diskriminierung handelt es sich, wenn Informationen etwa über Öffnungszeiten von amtlichen Schaltern nur noch elektronisch zugänglich sind.

Keine obere Altersschranke für Politiker/-innen

Für die Ausübung politischer Ämter besteht im Kanton Bern und Glarus weiterhin eine obere Altersschranke.

2003 beschloss die Oberaargauer Gemeinde Madiswil für Ihren Gemeinderat eine Alterslimite von 70. Dies löste eine nationale Empörung aus. 2004 reagierte der Bundesrat mit einem Bericht über Seniorendiskriminierung, in dem er sich gegen eine solche obere Altersschranke äussert. Er erachtet sie als untauglich und verfassungsrechtlich fragwürdig. Deshalb empfiehlt er Kantonen und Gemeinden, darauf zu verzichten.

Madiswil hat die Alterslimite inzwischen wieder abgeschafft. Die Altersschranke für die Kantonsregierung behielt Bern aber bei.

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