30.08.2016
Bund
Für die Schweiz hat der Bundesrat im Jahr 2007 in einem Bericht die Situation älterer Menschen untersucht und dabei teilweise auch den Schutz der Menschenrechte älterer Personen beurteilt. Gestützt darauf hat er seine Alterspolitik in einer Strategieplanung festgelegt. Diese Planung betrifft nicht nur die Ebene des Bundes, sondern bindet grundsätzlich auch die Kantone und die Gemeinden mit ein. Nebst Themen wie Gesundheit und finanzielle Sicherheit legt der Bericht auch Ziele zum Übergang in den Ruhestand und zur Partizipation der älteren Generation an der Gesellschaft fest.
- Alterspolitik in der Schweiz: Übersicht
Informationen auf der Webseite des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV)
Kantone
Auf der Ebene der Kantone gestaltet sich die Situation uneinheitlich. Während einzelne Kantone schon seit langem eine eigene Altersstrategie entwickelt haben und dort implizit auch den Menschenrechtsschutz von älteren Personen abdecken, haben andere diesbezüglich noch einigen Nachholbedarf. Eine Studie, welche aufgrund der Strategieplanung des Bundesrats durchgeführt wurde, setzt sich detailliert mit den einzelnen Alterskonzepten der Kantone auseinander.
- Kantonale Alterspolitiken in der Schweiz
Bericht Bundesamts für Sozialversicherungen vom Juni 2010 (pdf, 169 S.)
Grundrechtskatalog für ältere Menschen
Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) befasst sich im Rahmen seines Schwerpunktthemas «Rechte besonders verletzlicher Gruppen in der Praxis» mit der Menschenrechtssituation älterer Personen in der Schweiz.
Im Dezember 2017 veröffentlichte das SKMR einen Grundrechtskatalog für ältere Menschen in der Schweiz. Ziel dieser Broschüre ist es, zu erläutern, was einige ausgewählte Grundrechte der Bundesverfassung und der internationalen Menschenrechtsabkommen speziell für ältere Menschen bedeuten und was für konkrete Probleme sich in diesem Zusammenhang stellen können. Das Ganze ist als Gedankenanstoss zu verstehen; Lösungen für die Fallbeispiele werden keine geboten. Die Broschüre ist ansprechend gestaltet und gut lesbar. Als Ergänzung zu diesem Grundrechtskatalog hat das SKMR die in diesem Bereich besonders relevanten Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in einem Factsheet zusammengetragen. Dabei weist es jeweils auf relevante Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hin.
Eine im Juli 2017 publizierte Studie des SKMR, welche die wichtigsten Probleme der Menschenrechtssituation von älteren Menschen in der Schweiz zusammenträgt, diente als Grundlage für die Entwicklung von praxisorientierten Sensibilisierungsinstrumenten.
- Gleiche Rechte im Alter - Ein Grundrechtskatalog für ältere Menschen in der Schweiz
Broschüre des SKMR vom Dezember 2017 (pdf, 33 S.) - Juristische und empirische Bestandesaufnahme der Hindernisse für die Umsetzung und Inanspruchnahme der Menschenrechte von älteren Personen in der Schweiz
Projektbeschreibung des SKMR - Die Bedeutung der EMRK für ältere Menschen
Factsheet des SKMR (pdf, 3 S.) - Menschenrechte im Alter - Ein Überblick über die menschenrechtliche Situation älterer Personen in der Schweiz
Studie des SKMR vom 26. Juli 2017 (pdf, 100 S.)
Wichtige Gesetze und Regelungen in der Schweiz
In der Schweiz wird den materiellen Schutzbedürfnissen älterer Menschen durch die Sozialversicherungen Rechnung getragen. Der Anspruch auf soziale Sicherheit älterer Menschen ist in der Regel durch die Gesetzgebung zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie die 2. Säule (Bundesgesetz über die Berufliche Vorsorge, BVG) gewährleistet. Für Fälle, welche keinen Anspruch auf Leistungen der AHV haben, besteht in der Schweiz subsidiär der Anspruch auf Sozialhilfe, welcher sich aus Art. 12 der Bundesverfassung (Recht auf Hilfe in Notlagen) ergibt. Die Sozialhilfe ist mangels expliziter Bundeskompetenz Aufgabe der Kantone und wird jeweils durch kantonale Sozialhilfegesetze geregelt.
Das Recht auf Gesundheit ist abgesichert durch die obligatorische Krankenversicherung. In der Schweiz ist in diesem Zusammenhang das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) von 1994 elementar. Die Grundversicherung ist obligatorisch und soll eine flächendeckende Gesundheitsversorgung garantieren. Eine Krankenkasse darf keiner Person die Aufnahme in die Grundversicherung verweigern oder ihr die Grundversicherung künden. Der Versicherte seinerseits kann die Grundversicherung ebenfalls nicht auflösen, er kann lediglich den Schutz von einer Krankenkasse zu einer anderen verlegen.
- Soziale Sicherheit in der Schweiz
Übersicht und aktuelle Informationen des Bundesamts für Sozialversicherungen BSV - Krankenversicherung
Informationsseite des Bundesamts für Gesundheit BAG
Gewalt und Misshandlung von alten Menschen in der Schweiz
Die unabhängige Beschwerdestelle für das Alter schätzt, dass in der Schweiz zwischen fünf bis zehn Prozent aller Betagten - das sind etwa 50'000 Menschen - physisch oder psychisch misshandelt werden.
Zu Gewalt und Zwang greifen Betreuer/innen wohl vor allem aus Überforderung. Die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege sind häufig nicht gut. Die physischen und psychischen Belastungen in diesem Beruf sind hoch, werden jedoch nur gering entlöhnt. Aus finanziellen Gründen wird Personal eingespart oder es wird weniger gut ausgebildetes Personal eingesetzt. Die Problematik dürfte sich noch zuspitzen. Gemäss dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) müssten jährlich etwa 5‘000 Personen mehr ausgebildet werden, um den Bedarf an Pflegefachkräften zu decken.
- Gewalt im Alter
Informationen auf der Website der Tertianum Stiftung - Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter
Anlaufstelle für Betroffene von Gewalt im Alter - Misshandlung alter Menschen – leider eine Realität
Infoblatt über Gewalt der unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter (pdf, 4 S.) - Drohender Personalmangel in der Pflege
Dossier des SRK
Rechtlicher Schutz vor Altersdiskriminierung in der Schweiz
Das Diskriminierungsverbot ist in der Bundesverfassung festgehalten (Art. 8 BV) und schliesst ältere Menschen explizit mit ein. Bei der Konkretisierung auf Gesetzesebene wird diese Bevölkerungsgruppe vor Diskriminierung jedoch nicht explizit geschützt.
Altersdiskriminierung liegt dann vor, wenn Menschen verschiedenen Alters in vergleichbaren Situationen ohne sachliche Gründe unterschiedlich behandelt werden, mit dem Resultat, dass ihnen Leistungen, Zugänge und Rechte verweigert werden. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Diskriminierung. Erstere liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihres Alters ausgeschlossen wird, etwa bei Alterslimiten für öffentliche Ämter. Um eine indirekte Diskriminierung handelt es sich, wenn Informationen etwa über Öffnungszeiten von amtlichen Schaltern nur noch elektronisch zugänglich sind.
- Diskriminierungsverbot
Themendossier auf humanrights.ch - Altersdiskriminierung
Webseite der terz-Stiftung - Argumentarium gegen Altersdiskriminierung
Beitrag des Schweizerischen Seniorenrats vom Oktober 2011 (pdf, 4 S.)
Keine obere Altersschranke für Politiker/-innen
Für die Ausübung politischer Ämter besteht im Kanton Bern und Glarus weiterhin eine obere Altersschranke.
2003 beschloss die Oberaargauer Gemeinde Madiswil für Ihren Gemeinderat eine Alterslimite von 70. Dies löste eine nationale Empörung aus. 2004 reagierte der Bundesrat mit einem Bericht über Seniorendiskriminierung, in dem er sich gegen eine solche obere Altersschranke äussert. Er erachtet sie als untauglich und verfassungsrechtlich fragwürdig. Deshalb empfiehlt er Kantonen und Gemeinden, darauf zu verzichten.
Madiswil hat die Alterslimite inzwischen wieder abgeschafft. Die Altersschranke für die Kantonsregierung behielt Bern aber bei.
- Nur Bern und Glarus haben eine Alterslimite
Berner Zeitung, 23. Januar 2014 - Alterslimiten sind nicht angebracht - Bundesrat verabschiedet Bericht über Seniorendiskriminierung
Medienmitteilung des Bundesrates vom 21. April 2004 - Altersschranken auf kantonaler und kommunaler Ebene für Mitglieder der Exekutive und der Legislative
Bericht des Bundesrates, 21. März 2003 (pdf, 82 S.) - Zulässigkeit von Altersgrenzen für politische Ämter aus Sicht der Grundrechte
Gutachten im Auftrag des Schweizerischen Seniorenrats von Markus Schefer und René Rhinow erschienen im Jusletter vom 7. April 2003 (pdf, 37 S.)
Weiterführende Informationen
- Internet-Nutzung im Alter
Studie der Uni Zürich (pdf, 86 S.)