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Selbstbestimmungsinitiative

Gegen die «Fremde-Richter-Initiative» der SVP, für unsere Rechte

11.03.2015

Die SVP hat am 10. März 2015 unter dem Kürzel der «Selbstbestimmungsinitiative» offiziell die Unterschriftensammlung für ihre Volksinitiative gegen das Völkerrecht gestartet. Die Zivilgesellschaft und die politischen Parteien begegnen dem Versuch, die Menschenrechte in der Schweiz zu schwächen, mit Argumenten und Appellen.

In einem sind sich alle einig: Was die SVP als Stärkung der direkten Demokratie verkauft, ist nichts anderes als ein Frontalangriff auf unsere Grundrechte. «Übernehmen wir Verantwortung für die Menschenrechte» lautet der Appell der Kampagne Schutzfaktor M, die Humanrights.ch und 50 weitere Organisationen unterstützen. Alle Menschen in der Schweiz werden ermuntert, den Appell zu unterzeichnen und dadurch jeder Unterschrift für die SVP-Initiative eine Stimme für die Menschenrechte entgegen zu stellen.

Klare Worte von sieben Parteien

Derweil reagieren die Parteien FDP, SP, CVP, Grüne, glp, BDP und EVP mit einer gemeinsamen Medienmitteilung auf die Lancierung der SVP-Initiative. Die Initiative der SVP gefährde unsere Freiheit und Sicherheit, «denn in einer Welt ohne verbindliches Recht sind Einzelpersonen, Minderheiten und Kleinstaaten wie die Schweiz der Willkür der Mächtigen hilflos ausgeliefert.» Dieses ungewöhnliche Zusammenstehen zu Beginn einer Unterschriftensammlung zeigt, wie ernst die Situation ist und dass die politischen Akteure gewillt sind, sich für die Menschenrechte stark zu machen.

Menschenrechte sind für alle

Mit der SVP-Initiative soll festgeschrieben werden, dass die Bundesverfassung über dem Völkerrecht steht. Das eigentliche Ziel der SVP-Initiative ist die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Auf dem Spiel stehen nicht weniger als der Rechtsstaat und die Demokratie in der Schweiz. Die Initiative gefährdet zudem den europaweiten Mindeststandard für Menschenrechte und die damit verbundene Sicherheit. Besonders soziale Minderheiten wären bei einer Annahme gefährdet, aber auch alle andern, da sich jeder Mensch in der Schweiz in einer Situation wiederfinden kann, in der er auf den Schutz der EMRK angewiesen ist. Denn die EMRK ist ein zentraler Schutzfaktor für alle: Durch sie ist garantiert, dass eine Missachtung der Menschenrechte durch den Gesetzgeber oder die Stimmberechtigten von den Gerichten korrigiert werden kann. 

Handlungsunfähige Schweiz

Die Volksinitiative richtet sich nicht nur gegen die Menschenrechte, sondern gegen das Völkerrecht als Ganzes und damit auch gegen die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz. Eine Annahme der Initiative würde die Schweiz handlungsunfähig machen, da sie vertragliche Vereinbarungen nicht mehr einhalten könnte.

Die wichtigsten Argumente

Wenn eine Person der Ansicht ist, dass ihre Menschenrechte durch die Schweiz verletzt wurden und sie ihre Klage bis zur obersten Schweizer Instanz erfolglos durchgezogen hat, kann sie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg Beschwerde einreichen. Die Richterinnen und Richter am EGMR sind demokratisch gewählt und stammen aus allen 47 Mitgliedstaaten des Europarates. Stellt der EGMR fest, dass ein in der Schweiz ergangenes Urteil die in der EMRK garantierten Menschenrechte verletzt, muss dieses Urteil in der Schweiz angepasst werden. 

Die Schweiz ist seit 1974 in nur 1.6 % der Fälle, die an den EGMR gelangten, verurteilt worden. Weil die SVP mit einigen wenigen Urteilen des EGMR nicht einverstanden ist, setzt sie mit der Initiative die Menschenrechte von uns allen aufs Spiel. Das Ziel der SVP-Initiative ist es, dass die Entscheidungen des EGMR für die Schweiz nicht mehr umgesetzt werden müssen. Damit würden wir aber die Möglichkeit verlieren, unsere Rechte gegenüber dem Staat zu verteidigen.

Die SVP greift die Menschenrechte nicht offen an, sondern möchte diese über den Schleichweg des angeblichen «Vorrangs» der Verfassung schwächen. Auch die SVP weiss, dass eine offene Ablehnung der Menschenrechte unpopulär wäre und versucht daher, einen Volksentscheid gegen die Menschenrechte zu erwirken, ohne dass in der Bevölkerung eine Diskussion über den Wert der Menschenrechte stattgefunden hätte.

Kampagnen-Website mit viel Hintergrundinformation

Wer sich eingehender mit den Argumenten für die EMRK und gegen die SVP-Initiative befassen will, dem empfiehlt Humanrights.ch das gesamte Argumentarium, der Kampagne Schutzfaktor M zur Lektüre.

Die Kampagne «Schutzfaktor M - Menschenrechte schützen uns» wird getragen vom Verein Dialog EMRK. Partner der Kampagne sind rund 50 Organisationen, welche sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen. Darunter finden sich neben Humanrights.ch etwa das Schweizerische Rote Kreuz, Amnesty International Schweiz, Caritas Schweiz, Swissaid, HEKS, Fastenopfer, das Netzwerk Kinderrechte Schweiz, Reporter ohne Grenzen, die Schweizerische Flüchtlingshilfe oder Terre des Hommes Schweiz.