Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte kontrolliert die Einhaltung der in der Europäischen Sozialcharta von 1961 bzw. der revidierten Sozialcharta von 1996 festgelegten Rechte durch die Mitgliedstaaten.
Mandat und Arbeitsweise
Der Ausschuss entscheidet, ob die rechtliche und tatsächliche Situation in den Vertragsstaaten mit der Europäischen Sozialcharta übereinstimmt. Das Kontrollverfahren, welches sich im Wesentlichen auf die Berichte der Mitgliedstaaten stützt, ist vergleichsweise kompliziert:
- Die Vertragsstaaten haben jedes Jahr einen Bericht vorzulegen, in welchem die Bemühungen zur Umsetzung der Sozialcharta dargestellt werden. Jeder Bericht betrifft einen Teil der akzeptierten Bestimmungen der Charta.
- Der Ausschuss prüft die Berichte und entscheidet darüber, ob die Situation in den Vertragstaaten mit der Charta übereinstimmt oder nicht. Diese «Schlussfolgerungen» genannten Entscheidungen werden alljährlich veröffentlicht.
- Wenn ein Staat einer durch den Ausschuss festgestellten Nichtkonformität mit der Charta keine Massnahmen folgen lässt, richtet das Ministerkomitee eine Empfehlung an diesen Staat mit der Aufforderung, die rechtliche oder tatsächliche Situation zu ändern. Die Arbeit des Ministerkomitees wird durch einen Regierungsausschuss, bestehend aus Regierungsvertreter*innen der Vertragsstaaten, vorbereitet. Diese werden von Vertreter*innen der Europäischen Arbeitgeber- und Gewerkschaftsverbände mit Beobachterstatus unterstützt.
Das Kontrollverfahren wurde mit dem Zusatzprotokoll zur Sozialcharta von 1991 vereinfacht, modifiziert und verstärkt. Dieses Zusatzprotokoll tritt allerdings erst in Kraft, wenn alle Mitgliedstaaten der Sozialcharta es ratifiziert haben.
Zusammensetzung
Der Ausschuss setzt sich aus fünfzehn unabhängigen und unparteiischen Mitgliedern zusammen, welche für eine Amtszeit von sechs Jahren durch das Ministerkomitee des Europarats ernannt werden. Diese Amtszeit ist einmal für die gleiche Dauer verlängerbar.
Das Verfahren für Kollektivbeschwerden von 1995
Gemäss dem 1995 zur Unterzeichnung aufgelegten und 1998 in Kraft getretenen Zusatzprotokoll über Kollektivbeschwerden können Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen direkt beim Europäischen Ausschuss für soziale Rechte Beschwerden wegen Nichtumsetzung der Sozialcharta einreichen.
Das Kollektivbeschwerdeverfahren soll den durch die Europäische Menschenrechtskovention gewährten Rechtsschutz ergänzen. Beschwerdeberechtigt sind demnach keine Einzelpersonen, sondern nur bestimmte Nichtregierungsorganisationen. Aufgrund des kollektiven Charakters der Beschwerden können keine individuellen Fälle, sondern nur die Nichteinhaltung der Charta durch das Recht oder die Praxis innerhalb eines Staates vorgebracht werden. Dies bedeutet aber auch, dass der innerstaatliche Instanzenzug nicht erschöpft werden muss und die klagende Organisation kein Opfer der Nichteinhaltung der Charta zu sein braucht.