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Bericht zur Situation behinderter Frauen in der Schweiz

23.01.2014

Fast 1,2 Millionen behinderte Menschen leben in der Schweiz, davon sind 700'000 weiblich. Die besondere Situation dieser Frauen und Mädchen steht im Zentrum eines neues Themendossiers, welches die Kontaktstelle für Frauen und Mädchen mit Behinderung «Avanti donne» im Auftrag des Eidg. Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB) erstellt hat.

«Menschen sollen weder wegen ihres Geschlechts noch wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Für viele Frauen mit Behinderungen ist dieser Anspruch noch nicht eingelöst», lautet die Bilanz des 70 Seiten starken Berichts. Frauen mit Behinderungen tragen in der Schweiz ein erhöhtes Risiko für Benachteiligungen und Diskriminierung.

Eine geschlechtslose Kategorie?

Im Bericht «Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: Frauen» beleuchten die beiden Gleichstellungsbüros des Bundes, das Eidg. Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau sowie das EBGB die Berührungspunkte zwischen den beiden Gleichstellungsproblematiken. Sie halten fest, dass bisher weder die Geschlechter- noch die Behindertenpolitik der spezifischen Situation von behinderten Frauen Rechnung getragen hat.

Erklären lässt sich dies gemäss den Fachpersonen damit, dass Frauen (und Männer) mit Behinderungen nicht als Frauen (und Männer) wahrgenommen werden, sondern als geschlechtslose «dritte Kategorie». Ist ein Mensch behindert, besteht demnach die Tendenz, seine anderen Eigenschaften, also etwa seine Geschlechtszugehörigkeit, zu übersehen.

Das Themendossier «Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: Frauen» legt nun klar dar, dass eine umfassendere Herangehensweise an die Situation von Frauen mit Behinderungen Not tut. Denn die Art und Weise, wie eine Behinderung die persönliche Entwicklung eines Menschen beeinflusst, hängt nicht zuletzt von seinem Geschlecht ab.

Weniger Beachtung, mehr Diskriminierung

Die isolierte Betrachtung der zwei Gleichstellungsthemen Geschlecht und Behinderung hat schwerwiegende Konsequenzen für behinderte Frauen und zwar in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Erwerbsarbeit und Gesundheit. Dazu kommt, dass es diesen Frauen schwer fällt, Öffentlichkeit und Medien für ihre Interessen einzubinden.

Ein Beispiel vermag die Defizite zu veranschaulichen: Zwar ist bekannt, dass Frauen und behinderte Menschen besonders von Gewalt durch Dritte betroffen sind. Dennoch gibt es keine Informationen, wie es diesbezüglich für behinderte Frauen aussieht. «Über die Lebenssituation und die spezifischen Bedürfnisse behinderter Frauen und Mädchen in der Schweiz gibt es wenig fundiertes und detailliertes Wissen. Entsprechend gering erscheint die Notwendigkeit, etwas an ihrer Situation zu ändern», hält der EBGB in seiner Medienmitteilung fest.

Der Umstand, dass behinderte Frauen nicht als eigenständige Gruppe betrachtet werden, führt mitunter dazu, dass für sie ein erhöhtes Risiko für Vorurteile und Diskriminierungen besteht.

Aufruf zu Veränderung

Der Bericht des EBGB läutet in einem sehr konkret definierten Kontext die Alarmglocken. In seiner Medienmitteilung vom 9. Dezember 2013 nimmt der Gleichstellungsbeauftragte die Schweiz in die Pflicht: «Mit dem vorgesehenen Beitritt zur UNO-Behindertenrechtskonvention bestätigt die Schweiz die bereits im Behindertengleichstellungsgesetz verankerte Verpflichtung, bei allen Massnahmen zur Umsetzung der Konvention die Genderperspektive mit zu berücksichtigen.»